Zeitenwende für Sparkassen Experten fordern Umbau
16.06.2008, 17:51 UhrDie fünf "Wirtschaftsweisen" haben eine Öffnung der Sparkassen und der Landesbanken für Privatinvestoren gefordert. In einem Gutachten für die Bundesregierung schlägt der Sachverständigenrat vor, die Landesbank-Anteile der Länder auf unter 25 Prozent zu senken. Die Landesbanken seien ein "zentraler Schwachpunkt des deutschen Finanzsystems".
Sparkassen sollten in Aktiengesellschaften umgewandelt und das Eigentum an Stiftungen übertragen werden. Daran sollten Investoren außerhalb des Sparkassensektors aber nicht mehr als 49,9 Prozent halten. Zugleich sprechen sich die Experten in ihrem Gutachten für Reformen in der Bankenaufsicht aus, um Stabilität und Transparenz zu erhöhen.
In Deutschland gibt es neben öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Landesbanken private sowie genossenschaftliche Banken. Der Rat sieht Handlungsbedarf bei der öffentlich-rechtlichen Säule. Die Landesbanken seien nicht nur besonders von der Finanzmarktkrise betroffen. "Sie weisen auch häufig eine geringe Rentabilität und wenig tragfähige Geschäftsmodelle auf", heißt es in dem Gutachten, das am Dienstag Kanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben werden soll.
Schwachstelle Landesbanken?
Von der Finanzmarktkrise sind vor allem Landesbanken betroffen, die sich wie SachsenLB, BayernLB oder WestLB auf dem US-Immobilienmarkt verspekuliert haben. Von den bisher in Deutschland angefallenen Wertberichtigungen in Höhe von 48,8 Mrd. Dollar entfielen laut Gutachten 21 Mrd. oder 43,1 Prozent auf die Landesbanken - nur 6,8 Prozent auf Genossenschaftsbanken und 29,1 Prozent auf Privatbanken. Hinzu kommen die Milliarden-Probleme bei der Mittelstandsbank IKB und deren staatlichem Haupteigner KfW.
Mit Blick auf die hohen Verluste einzelner Landesbanken heißt es im Gutachten: "Es ist offensichtlich, dass dieses Segment des öffentlich-rechtlichen Sektors dringend einer Reform bedarf." Ein Nebeneinander mehrerer Institute, denen es teils an einem tragfähigen Geschäftsmodell fehle, sei nicht zukunftsfähig. "Das traditionelle Geschäftsmodell der Landesbanken ist schon seit langem obsolet geworden." Angestrebt werden sollte auf jeden Fall eine Reduzierung des politischen Einflusses auf das operative Geschäft.
Bei einem Verkauf von Landesbank-Anteilen sollten Investoren alles übernehmen können. Sparkassen sollten allenfalls ein Vorkaufsrecht erhalten. "Bei den insgesamt rentablen Sparkassen sollte es darum gehen, den öffentlichen Auftrag vom operativen Bankgeschäft zu trennen", schreiben die "Fünf Weisen". Das Regionalprinzip und die Verbundstruktur der Sparkassen sollten bestehen bleiben.
Unproduktives Nebeneinander
Die Sachverständigen monieren, dass es "an einer international oder auch nur im Rahmen der Europäischen Union integrierten Bankenaufsicht" fehle. Deutliche Kritik äußerten sie an dem Nebeneinander von Bundesbank und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): "Nach wie vor erscheint eine solche Arbeitsteilung wenig zweckmäßig." Die ungewöhnlich hohen Verluste vieler Banken verdeutlichten, dass ihr Risikomanagement unzureichend gewesen sei. Es gebe erhebliche Defizite bei den in der Branche gängigen "Stresstests".
Der Sachverständigenrat schlug ein weltweites Kreditregister vor. Ein Meldesystem für Bankkredite an Großkreditnehmer - im Sinne einer globalen Schufa für Großkredite - würde es den Aufsichtsbehörden und Banken erlauben, schneller Risiken und drohende Kettenreaktionen zu erkennen. Auch könnten Hedgefonds und Zweckgesellschaften, über die viele Banken ihre faulen Kreditgeschäfte außerhalb der Bilanz versteckt hatten, besser durchleuchtet werden.
Sparkassen dagegen
Der Sparkassen- und Giroverband DSGV hat den Vorschlag der fünf "Wirtschaftsweisen", die Sparkassen für Privatinvestoren zu öffnen, zurückgewiesen. Sparkassen in Aktiengesellschaften umzuwandeln und privaten Investoren eine Beteiligung zu erlauben, sei "nicht zielführend". Mit einer Privatisierung würden unterschiedliche Geschäftsinteressen vermischt, erklärte DSGV-Präsident Heinrich Haasis.
Quelle: ntv.de