Appell für Streik-Absage GDL unter Druck
06.03.2008, 18:37 UhrIm Tarifstreit bei der Bahn wächst der Druck auf die Lokführergewerkschaft GDL, den für Montag geplanten unbefristeten Streik abzusagen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) schaltete sich erneut in den Konflikt ein und überlegte mit GDL-Chef Manfred Schell, wie ein neuer Arbeitskampf vermieden werden könnte. Das sagte eine Gewerkschaftssprecherin. Die Bahn rief die GDL auf, weiterzuverhandeln, hält sich aber auch rechtliche Schritte gegen einen Streik offen. Wichtige Gütertransporte wurden vorsorglich an andere Anbieter abgegeben. Die GDL bekräftigte ihre Streikdrohung und hofft auf Verständnis unter den Reisenden.
In der Streitfrage, unter welchen Bedingungen die Bahn den fertig ausgehandelten Lokführer-Tarifvertrag mit elf Prozent Einkommensplus unterschreiben will, gab es vorerst weiter keine Annäherung. Bahn- Personalvorstand Margret Suckale appellierte an die GDL, "ihre Verweigerungshaltung aufzugeben, an den Verhandlungstisch zu kommen und den überflüssigen Streik abzusagen". Sie warf der Gewerkschaft sinnloses Handeln vor. "Alles ist vorbereitet, damit unsere Lokführer jetzt eine kräftige Lohnerhöhung bekommen können". Der Konzern habe schon 100 Euro Abschlag und 800 Euro Einmalzahlung überwiesen, obwohl es keinen gültigen Tarifvertrag gebe. Trotz dieses Entgegenkommens wolle die GDL "ein Chaos in Deutschland riskieren".
Suckale bekräftigte, dass der Lokführer-Vertrag über einen übergeordneten Grundlagenvertrag ins gesamte Tarifgefüge eingefügt werden müsse. Daran müsse der Konzern "im Interesse aller unserer Mitarbeiter, unserer Kunden und des Unternehmens" festhalten. Zur Frage, ob der Konzern erneut an Arbeitsgerichten gegen einen Streik vorgehen würde, sagte sie in München: "Darüber werden wir dann nachdenken, wenn sich dieser Streik nicht mehr verhindern lässt." Ziel sei aber eine Einigung mit der GDL. Nach Informationen des Bielefelder "Westfalen-Blatts" aus Bahnkreisen prüfen Juristen diese Option für den Konzern.
Hoffen auf Verständnis
GDL-Vize Claus Weselsky unterstrich dagegen gegenüber n-tv, dass der Arbeitskampf am Montag beginne, "wenn die Bahn den Lokführer- Tarifvertrag, den wir endverhandelt haben, nicht unterschreibt." Die Bedingung der Bahn, dass dafür ein übergeordneter Grundlagenvertrag abgeschlossen werden müsse, hat die GDL abgelehnt. Dieser soll die Grundzüge künftiger Tarifpolitik zwischen allen drei Gewerkschaften und dem Arbeitgeber regeln. Die bisherigen Entwürfe sind aus Sicht der GDL aber verfassungswidrig, weil sie der Koalitionsfreiheit widersprächen. Laut Ankündigung sollen die unbefristeten Streiks am Montag um 0.00 Uhr im Personen- und Güterverkehr beginnen. "Wir hoffen auf Verständnis bei den Reisenden", sagte Weselsky. Ursache des Streits sei ja die fehlende Unterschrift des Arbeitgebers.
Das Bundesverkehrsministerium wollte sich am Donnerstag nicht äußern. Ressortchef Tiefensee, unter dessen Vermittlung der Lokführer-Tarifvertrag im Januar zustande gekommen war, hatte nach dem Abbruch der Verhandlungen zwischen Bahn und GDL verlangt, dass beide Seiten wieder Gespräche aufnehmen. Zugleich hatte er betont: "Es war immer klar, dass die Vereinbarungen zur grundsätzlichen Zusammenarbeit Teil der Tarifeinigung sein würden." Es hätte niemand Verständnis für Streiks, da alle Bestandteile eines Entgelttarifvertrags vereinbart seien.
Wegen der unsicheren Situation gab die Bahn vorsorglich bestimmte Güterlieferungen an andere Anbieter ab. Dies solle etwa für einige Chemietransporte aus Ostdeutschland gelten, die für die Versorgung von Industriebetrieben wichtig seien.
Quelle: ntv.de