Meldungen

Eon Ruhrgas schlägt Alarm Gas-Lieferengpass droht

Der größte deutsche Gasimporteur Eon Ruhrgas hat angesichts der drastischen Drosselung von Gaslieferungen nach Deutschland vor Engpässen bei der Versorgung gewarnt. "Auch unsere Möglichkeiten stoßen an ihre Grenzen, wenn diese drastischen Lieferkürzungen anhalten und die Temperaturen weiterhin auf sehr niedrigem Niveau bleiben", erklärte Eon-Ruhrgas-Chef Bernhard Reutersberg. Derzeit sei die Versorgung aber noch gesichert, weil Eon Ruhrgas vorsorglich Maßnahmen getroffen habe, sein Gas aus verschiedenen Quellen beziehe und über Reserven in Gasspeichern verfüge.

Die für Europa bestimmten Erdgasmengen seien seit dem Dienstagmorgen "massiv eingeschränkt". Es werde damit gerechnet, dass im Laufe des Tages an der deutschen Grenzlieferstation im bayerischen Waidhaus, wo das Gas aus der Ukraine ankommt, die Gasmengen komplett ausfallen, erklärte Reutersberg.

Reutersberg forderte die Ukraine und Russland auf, die Verhandlungen zur Beilegung ihres Konflikts "unverzüglich wieder aufzunehmen und rasch zu einem erfolgreichen Ende zu führen". Eon habe zu beiden Seiten jahrzehntelange, gute Beziehungen. "Wir vertrauen deshalb darauf, dass die Parteien bereit und in der Lage sind, im Interesse aller Beteiligten kurzfristig eine Einigung zu erzielen." Eon Ruhrgas bezieht den Angaben zufolge 26 Prozent seines Erdgases aus Russland. Daneben kauft der Konzern unter anderem in Norwegen, den Niederlangen oder in Deutschland selbst ein.

Zuvor hatte auch der Gasimporteur Wingas die ersten Druckabfälle auf der über die Ukraine verlaufenden Gasliefer-Route bestätigt. Das Unternehmen erhalte nicht die komplette vertraglich festgelegte Liefermenge, sagte ein Unternehmenssprecher. Es gebe jedoch keine Auswirkungen für Wingas-Kunden in Deutschland, da der Großteil des aus Russland importierten Gases über die nördliche durch Weißrussland und Polen führende Pipeline nach Deutschland komme. Zudem verfüge das Unternehmen im norddeutschen Rehden über den größten Erdgasspeicher Westeuropas. Im Jahr 2007 bezog Wingas nach eigenen Angaben 15,2 Mrd. Kubikmeter Gas, davon 60 Prozent aus Russland.


Österreich greift auf Reserven zurück

In Österreich brach die Versorgung mit russischem Gas fast ganz zusammen. Die Kunden würden nun mit Gas aus Reserven beliefert, teilte die Öl- und Gasgesellschaft OMV mit. In die Türkei sowie nach Griechenland, Mazedonien und Bulgarien wurden die Gaslieferungen über die Ukraine vollständig gestoppt, wie das Wirtschaftsministerium in Sofia mitteilte. "Wir sind in einer Krisensituation", erklärte das Ministerium. Auch in Kroatien kamen die russischen Gasimporte zum Erliegen. Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz warnte vor Engpässen in Europa, das ein Fünftel seiner Gasversorgung über Leitungen durch die Ukraine bezieht.

In Österreich teilte die OMV mit, sie habe wegen des Lieferausfalls Kontakt zu dem russischen Gasriesen Gazprom aufgenommen. Zwar hätten die Russen für Dienstag einen Versorgungsrückgang von 30 bis 40 Prozent angekündigt. Seit dem Morgen kämen aber nur noch zehn Prozent der üblichen Mengen in Österreich an. Auch die tschechische RWE-Tochter verzeichnete einen deutlichen Rückgang der Gaslieferungen aus Russland. Die Lieferungen des russischen Gasmonopolisten Gazprom über das Netz der Ukraine und der Slowakei nach Tschechien seien in der Nacht stark zurückgegangen, teilte RWE Transgas mit. In Rumänien kam 75 Prozent weniger Gas als vertraglich vereinbart an, wie der staatliche Pipeline-Betreiber Transgaz mitteilte.

Die Türkei bestätigte den Ausfall der Lieferungen über die Ukraine. Nun würde verstärkt russisches Gas über die Pipeline unter dem Schwarzen Meer bezogen. Auch würden Reserven angezapft. Der Iran könnte den Ausfall mit einer Erhöhung seiner eigenen Gaslieferungen ausgleichen, verlautete unterdessen aus Kreisen der iranischen Botschaft in Ankara.

Im Streit um Gaspreise hat Russland die Versorgung der Ukraine zum 1. Januar eingestellt, Europa aber eine weitere Durchleitung zugesichert. Russland wirft der Ukraine auch vor, illegal Gas aus den Transitleitungen für den eigenen Gebrauch abzuzweigen. Am Montag hatte Russland deshalb angekündigt, die Liefermengen nach Europa zu reduzieren. Vor drei Jahren war bei einem ähnlichen Streit zwischen Russland und der Ukraine vorübergehend weniger Gas nach Deutschland geströmt.

EU kritisiert Lieferstopp scharf

Die EU hat die Engpässe bei Gaslieferungen nach Europa scharf kritisiert. Die geringeren Liefermengen seien "vollkommen inakzeptabel", erklärte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft. Die Liefermengen seien ohne vorherige Ankündigung und in Widerspruch zu Versicherungen aus Russland und der Ukraine für manche EU-Länder "deutlich" gekürzt worden.

"Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission fordern, dass die Gaslieferungen in die EU unverzüglich wiederhergestellt werden", hieß es in der Erklärung. Zudem müssten Russland und die Ukraine "sofort" ihre Verhandlungen wieder aufnehmen, um ihren "bilateralen Handelskonflikt" abschließend zu lösen.

Der Vizechef des russischen Energieunternehmens Gazprom, Alexander Medwedew, beschuldigte die Ukraine, drei der vier über sein Staatsgebiet führenden Gasleitungen in der Nacht geschlossen zu haben. Dadurch komme seit Dienstagmorgen nur ein Siebtel der normalen Liefermengen bei den Gazprom-Kunden in der EU an, sagte Medwedew.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen