Zerschlagen oder an die Börse Gerangel um RAG
28.04.2007, 12:34 UhrDie nordrhein-westfälische Landesregierung hat sich demonstrativ hinter den Börsengang der RAG gestellt, nachdem mehrere Zeitungen berichteten, sie wolle den Essener Mischkonzern zerschlagen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und die "Süddeutsche Zeitung" berichten auch, dass auch RWE den Börsengang torpediere.
RWE, selbst Großaktionär der RAG, strebe eine Zerschlagung des Kohle- und Industriekonzerns an, um damit die Voraussetzungen für eine Übernahme der RAG-Stromtochter Steag zu schaffen, heißt es in den Berichten. RWE ist mit einem Anteil von über 30 Prozent der zweitgrößte RAG-Aktionär.
"Die Landesregierung will den Börsengang", betonte ein Sprecher bereits am Freitag in Düsseldorf. Sie bleibe in dieser Frage unverändert bei ihrer Haltung. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte berichtet, die schwarz-gelbe Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers strebe einen Einzelverkauf der RAG-Töchter Degussa und Steag an. Sie habe bereits Interesse an einem Kaufangebot des Chemiekonzerns Lanxess für die RAG-Tochter Degussa signalisiert.
"Wir verlassen uns auf die offiziellen Aussagen des Ministerpräsidenten, der sich klar für einen Börsengang ausgesprochen hat", betonte ein Sprecher der RAG. Die Degussa stehe nicht zum Verkauf. Eine Fusion der Spezialchemietochter mit Lanxess sei ein "Programm zur Vernichtung von Werten und Arbeitsplätzen", warnte er. Lanxess-Chef Axel Heitmann hatte immer wieder Interesse an der weit größeren Degussa signalisiert.
In RAG-Konzernkreisen hieß es zudem, der Essener Energieriese RWE habe die Energietochter Steag im Viser. RWE werbe bereits bei der Landesregierung um die Steag. Von einem RWE-Interesse an der Tochter berichtete auch die "Süddeutsche Zeitung". Der RAG-Sprecher unterstrich, auch die Steag stehe nicht zum Verkauf. Mit dem Bereich wolle sich der Essener Konzern perspektivisch als neue Kraft am Strommarkt etablieren.
"Eine Zerschlagung der RAG steht für RWE nicht auf der Tagesordnung", sagte dagegen ein RWE-Sprecher. Es treffe auch nicht zu, dass RWE bei der Landesregierung um die Steag werbe. RWE begleite den Börsengang der RAG "konstruktiv". Und die Steag sei erklärtermaßen ein Teil dessen, was die RAG an die Börse bringen wolle.
RAG-Chef Werner Müller will die profitablen Sparten des Konzerns - neben der Degussa und der Steag ist dies der Immobilien-Bereich - an die Börse bringen. Die milliardenschweren Einnahmen sollen in eine Stiftung fließen, welche die Folgekosten des Bergbaus der ehemaligen Ruhrkohle decken soll. Für anhaltenden Streit zwischen der RAG und der Landesregierung sorgt aber die Frage der Stiftungssatzung und des Stiftungsvorsitzes, den Müller erklärtermaßen selbst anstrebt.
Rüttgers hatte mit Blick auf den Ex-Bundeswirtschaftsminister Müller gesagt, an der Spitze der Stiftung dürfe kein ehemaliger Berufspolitiker stehen. Auch die NRW-FDP hatte gegen das Stiftungsmodell Front gemacht. In mit dem Vorgang vertrauten Kreisen hieß es, Rüttgers habe beim Berliner Kohle-Gipfel Mitte der Woche einen Börsengang nicht abgenickt, sondern sich weitere Bedenkzeit genommen.
Müller hatte den Konzern eigentlich in diesem Frühjahr aufs Börsenparkett bringen wollen. Der andauernde Streit um die Zukunft des Bergbaus hatte dies aber verhindert. Nun peilt der RAG-Chef das kommende Frühjahr an. Gelingt indes keine rasche Einigung auf die Stiftung und ihren Chef sowie keine Verabschiedung des Kohle-Kompromisses im Bundestag, könnte auch dieser Zeitplan und der Börsengang insgesamt ins Wanken geraten.
Quelle: ntv.de