Minister will kämpfen Glos legt bei EADS nach
05.02.2007, 15:02 UhrIm Ringen um den Erhalt der deutschen Airbus-Arbeitsplätze bleibt Wirtschaftsminister Michael Glos auf Konfrontationskurs zum Mutterkonzern EADS. Während Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin versuchte, die Drohung von Glos zu entschärfen, verteidigte der CSU-Politiker seine Position, EADS notfalls Rüstungsaufträge zu entziehen, falls die deutschen Airbus-Standorte übermäßig Stellen abbauen sollen. "Wir kämpfen mit allen Möglichkeiten, die wir haben", betonte Glos.
Kurz vor den Äußerungen des Ministers hatte Steg versöhnliche Töne angeschlagen. "Wir machen unsere deutschen Interessen deutlich. Aber wir drohen nicht", sagte er. Glos sei mit seinen Äußerungen vom Wochenende "vielleicht ein bisschen überinterpretiert worden". Der Minister, der Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihrer Reise durch mehrere arabische Länder begleitet, erklärte in Abu Dhabi: "Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass es uns ernst ist, um die Arbeitsplätze bei EADS zu kämpfen." Es gehe darum, Zukunftstechnologien im Land zu halten. Deutschland habe einen Beitrag zur Airbus-Sanierung zu leisten. Doch müsse verhindert werden, dass moderner Flugzeugbau ins Ausland verlagert werde.
Eine Sprecherin von Glos bestritt allerdings, dass es im Wirtschaftsministerium schon konkrete Pläne für Auftragskürzungen gebe. Sie verneinte, dass die Zahl der bestellten 180 Eurofighter um 60 reduziert werden solle. Der Münchner Raum- und Luftfahrtkonzern äußerte sich nicht zu den Äußerungen des Ministers und erklärte lediglich, die Lasten der Airbus-Sanierung würden fair verteilt. Der deutsche Co-Chef von Airbus, Tom Enders, werde sicherstellen, dass das Sanierungsprogramm fair und national ausgewogen umgesetzt werde, sagte ein EADS-Sprecher. Zugleich müssten die notwendigen, weit reichenden Umstrukturierungen und Effizienzgewinne durchgesetzt werden.
Steg ließ erkennen, dass die Regierung mit Stellenabbau bei Airbus rechnet. Die notwendigen Umstrukturierungen würden mit Einschnitten verbunden sein, sagte er. Die Regierung bestehe darauf, die Veränderungen transparent, nachvollziehbar und fair zu gestalten. Dieses Anliegen sei auch das Motiv der Äußerungen von Glos. Oppositionspolitiker verwiesen auf mangelnde Alternativen, sollten Bestellungen bei EADS zurückgenommen werden. Eine Vergabe der Aufträge an ausländische Unternehmen, gefährde Arbeitsplätze in Deutschland, argumentierten sie.
Glos erntet Lob und Tadel
Ein Drittel der knapp 23.000 Jobs bei Airbus steht nach Betriebsratsangaben auf der Kippe, weitere 8.000 bei Zulieferern. Durch Lieferverzögerungen beim Großraumflugzeug A380 ist das Unternehmen in die Krise geraten. Airbus-Chef Louis Gallois wird am 13. Februar zu Gesprächen mit Glos in Berlin erwartet. Nach unbestätigten Presseberichten will sich auch Merkel mit Gallois treffen, der am 20. Februar Details seines Sparplans veröffentlichen will. "Bisher ist kein solches Gespräch vereinbart worden", sagte Steg allerdings. Die Regierung werde alle Möglichkeiten nutzen, EADS von ihren Forderungen vorzutragen. "Die Verantwortlichen bei EADS wissen genau, was sie an Deutschland haben. "Die Turbulenzen bei Airbus gingen auf Managementfehler zurück und "liegen nicht darin, dass Beschäftigte ihre Kaffeepause überzogen haben".
Bei den Bundestagsparteien stieß die Drohung von Glos auf Lob und Kritik. Es sei richtig, Druck auf das Unternehmen auszuüben, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Es müsse dafür gesorgt werden, dass die deutsche Luft-und Raumfahrtindustrie weltweit wettbewerbsfähig bleibe. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, begrüßte Glos' Ansatz. Er betonte in der "Berliner Zeitung" jedoch: "Wichtig ist aber auch, dass solche Gespräche vertraulich und in vertrauensvoller Atmosphäre stattfinden."
Nach Einschätzung der Grünen stellt Glos mit seiner Drohung die industriepolitische Bevorzugung des Konzerns in Frage. Ihr für Rüstung zuständiger Haushaltsexperte Alexander Bonde sagte Reuters: "Es ist interessant, dass das jetzt von der CSU kommt, die traditionell der parlamentarische Arm der EADS war." Der Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei bezeichnete die Drohung als hingegen als "Fiktion". Der "Frankfurter Rundschau" sagte er, Deutschland sei bei vielen Rüstungsgütern von EADS abhängig, die andernfalls von ausländischen Anbietern bezogen werden müssten.
Der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke, sprach von populistischen Muskelspielen des Ministers. In der hannoverschen "Neuen Presse" unterstrich er, ein Auftragsentzug treffe erst recht viele Zulieferer in Deutschland.
Quelle: ntv.de