"Kredit-Tsunami" Greenspan schockiert
23.10.2008, 18:14 UhrDer frühere US-Notenbankchef Alan Greenspan hat die Finanzkrise als "Kredit-Tsunami, den es nur einmal in hundert Jahren gibt" bezeichnet. Gleichzeitig räumte das einstige Börsen-Orakel erstmals eigene Fehler ein. Die hochkomplexen Kreditversicherungs-Geschäfte (Credit Default Swaps, CDS) nicht stärker zu regulieren, sei ein Fehler gewesen, sagte Greenspan bei einer Anhörung in einem Ausschuss des US-Parlaments.
"Ich habe falsch gelegen mit der Annahme, dass Organisationen - speziell Banken - aufgrund von Eigeninteresse ihre Aktionäre und ihr Firmenkapital am besten schützen können", sagte Greenspan. Er räumte ein, dass die Krise "Mängel" in dem von ihm favorisierten Modell des freien Marktes offenbart habe. Er sei "schockiert" über das Ausmaß der Kreditklemme. Bisher hatte Greenspan jede Mitschuld an der Finanzkrise zurückgewiesen. Kritiker werfen dem Ex-Fed-Chef vor, mit billigem Geld wenig solvente Amerikaner zum Häuserkauf verleitet und so die Blase am Immobilienmarkt mit verursacht zu haben. Um die Wirtschaft anzukurbeln, hatte die Fed ihren Leitzins nach den Terroranschlägen 2001 bis auf ein Prozent gesenkt.
Arbeitslosigkeit wird steigen
Er erwarte in der Folge einen "bedeutsamen Anstieg" der Arbeitslosigkeit, sagte Greenspan. Die Preise auf dem Häusermarkt, dessen Krise die Finanzturbulenzen auslösten, werden sich seiner Einschätzung nach "noch über viele weitere Monate hin" nicht stabilisieren. Erst wenn sich die Lage im Immobiliensektor entspanne, werde es wieder zu bedeutsamen Investitionen am Aktienmarkt kommen, prognostizierte der frühere Fed-Chef.
"Wenn man sich den bisher angerichteten finanziellen Schaden anschaut, weiß ich nicht, wie ein bedeutsamer Anstieg von Entlassungen und der Arbeitslosigkeit vermieden werden kann", sagte Greenspan. Der ehemalige Notenbankchef stellte sich zudem hinter das 700 Mrd. Dollar schwere Rettungspaket der US-Regierung.
Greenspan führte die US-Zentralbank von 1987 bis 2006. Kritiker geben seiner Niedrigzinspolitik nach dem Platzen der New-Economy-Blase zum Anfang des Jahrtausends eine erhebliche Mitschuld an den rasanten Preissteigerungen auf dem US-Häusermarkt. Ein Leitzins von bisweilen nur einem Prozent hatte Kredite extrem billig gemacht.
Quelle: ntv.de