Riesencoup von EADS Große Freude in Europa
02.03.2008, 12:56 UhrIm Kampf um einen Milliardenauftrag des US-Militärs hat der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS seinen Erzrivalen Boeing auf dessen Heimatmarkt ausgestochen. Die US-Luftwaffe erteilte überraschend EADS und seinem amerikanischen Partner Northrop Grumman den Zuschlag für den Bau von 179 Tankflugzeugen. Der Auftrag hat nach Angaben der US Air Force ein Volumen von 35 Milliarden Dollar (rund 23 Milliarden Euro) und eine Laufzeit von 15 Jahren.
Die Entscheidung ist der bislang größte Einzelauftrag für EADS und gilt als größter Durchbruch eines Konsortiums mit europäischer Beteiligung im US-Rüstungsgeschäft. Der als Favorit gehandelte US-Flugzeughersteller Boeing hatte mit seinem Konkurrenzmodell 767 das Nachsehen. Das Tankflugzeug auf Basis des Mittelstreckenjets Airbus A330 von EADS und Northrop sei leistungsfähiger als die Boeing-Maschine, sagte ein ranghoher Luftwaffengeneral: "Mehr Passagiere, mehr Fracht, mehr Treibstoff zum Betanken, größere Flexibilität und Zuverlässigkeit."
Die US-Luftwaffe will in den kommenden Jahrzehnten ihre veraltete Flotte von 500 Tankflugzeugen austauschen. Sie können andere Maschinen in der Luft auftanken und damit deren Reichweite verlängern. Der Umfang der künftigen Investitionen wird auf mehr als 100 Milliarden Dollar geschätzt.
Neue Jobs in Europa
EADS-Chef Louis Gallois bezeichnete den Auftrag des Pentagon als "überragenden Erfolg" für den deutsch-französischen Konzern. "Das ist eine sehr, sehr gute Nachricht für EADS", sagte Gallois der Nachrichtenagentur Reuters in einem Telefoninterview. Trotz der Fertigung der Flugzeuge in den USA komme der Auftrag auch europäischen Arbeitnehmern zugute. "Wir schaffen viele Arbeitsplätze in den USA, aber wir schaffen sie auch in Europa", kündigte der EADS-Chef in einem Interview des Radiosenders France Info an. Gallois betonte, das Konsortium habe nicht mit Tiefstpreisen um den Auftrag gebuhlt. "Wir haben sie überzeugt, dass unser Produkt gut ist."
Bundeskanzlerin Angela Merkel bewertete die Auftragsvergabe auch als Erfolg für deutsche Spitzentechnologie. Deutschland müsse stolz darauf sein, erklärte in Berlin. "Dass EADS in diesem fairen und offenen Verfahren den Zuschlag erhalten hat, ist nicht nur ein Beleg für die technologische Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Airbus. Es ist zugleich ein Zeichen für die gute und vertrauensvolle sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit den USA."
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sieht in der Entscheidung ebenfalls einen Erfolg für Europa. In einer Erklärung seines Büros hieß es, die Order sei auch auf die gestärkten Beziehungen zwischen den USA und Europa zurückzuführen, an deren Verbesserung Sarkozy einen gehörigen Anteil habe.
EADS gleicht Wettbewerbsnachteil aus
Im US-Kongress stieß die Entscheidung der Luftwaffe auf geteilte Reaktionen. Während Parlamentarier aus Bundesstaaten mit einer starken Präsenz von Boeing empört Widerstand gegen den Beschluss ankündigten, zeigten sich Politiker aus Alabama erfreut: Die Tankflugzeuge sollen dort in der Stadt Mobile gebaut werden. An dem künftigen Standort im Süden der USA plant EADS nun auch die Endmontage ziviler Frachtflugzeuge vom Typ A330.
Mit der Aufnahme der Flugzeugproduktion im wichtigen US-Markt gleicht EADS auch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Boeing aus: Der europäische Konzern leidet sehr unter dem starken Euro, da bisher ein Großteil seiner Kosten in dieser Währung anfällt, während Flugzeuge international gegen Dollar verkauft werden.
Boeing mit zweiter Pleite
Boeing hatte bei der Bewerbung um den Großauftrag bereits vor vier Jahren einen Rückschlag erlitten: Ein erster Zuschlag an den Konzern über 100 Flugzeuge im Wert von 23 Milliarden Dollar wurde zurückgezogen, nachdem bekanntgeworden war, dass der zuständige Air-Force-Einkaufsmanager den Preis nach oben getrieben und dann einen hohen Posten bei Boeing bekommen hatte. Das war der größte Beschaffungsskandal im Pentagon seit den 80er Jahren. Die Luftwaffe war nun um eine äußerst faire und transparente Entscheidung bemüht.
Die Aktie des Rüstungskonzerns Northrop Grumman schoss nach der Mitteilung am Freitag im nachbörslichen Handel in New York um 6,5 Prozent in die Höhe. Boeing-Titel gaben fünf Prozent nach, grenzten ihre Verluste dann aber auf drei Prozent ein.
Quelle: ntv.de