Seitenwechsel zur Bahn Harsche Kritik für Hansen
08.05.2008, 07:30 UhrDer bisherige Vorsitzende der Bahngewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, will als Arbeitsdirektor ins Top-Management der Deutschen Bahn wechseln. "Ich habe heute dem Geschäftsführenden Vorstand der Transnet erklärt, dass ich meine politischen Ämter niederlege", teilte der 55-Jährige mit. Er sei "vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG und aus Kreisen der Politik" gefragt worden, ob er als Arbeitsdirektor zur Verfügung stehe. Unter anderem von Gewerkschaftern und der SPD-Linken wurde die Ankündigung mit harscher Kritik quittiert.
Margret Suckale, Personalvorstand der Bahn, soll einem Bericht der "Welt" (Freitagsausgabe) zufolge auch nach Hansens Berufung Personalchefin bleiben. Pläne von SPD und Union sähen aber vor, dass Suckale in die künftige Tochtergesellschaft für Personen- und Güterverkehr wechsele, die bis zu 24,9 Prozent privatisiert werden kann, berichtet das Blatt ohne Nennung von Quellen. Hansen solle Personalvorstand der geplanten Dach-Holding werden.
Die "FAZ" hatte zuvor berichtet, es sei bislang nicht geklärt, ob die bislang für das Personal im Bahn-Vorstand zuständige Margret Suckale auch als Vorstand in der Verkehrssparte fungieren solle. Die SPD dringe darauf, den Posten künftig mit einem Arbeitsdirektor zu besetzen, der nur mit Zustimmung der Gewerkschaften ernannt werden könne.
Sprungbrett gesucht?
Zwar begrüßte nach Transnet-Angaben der Geschäftsführende Vorstand der Gewerkschaft die Entscheidung Hansens. Dadurch werde eine weitere Garantie für den integrierten Konzern und für die Sicherung der Beschäftigung bei der Deutschen Bahn abgegeben, hieß es. Heftige Kritik kam jedoch von der privatisierungskritischen Transnet-Basisinitiative "Bahn von unten": "Der Vorstandsposten ist Hansens Motiv gewesen, die Bahnprivatisierung zu betreiben." Hansen habe die Gewerkschaft "als Karrieresprungbrett missbraucht".
Claus Weselsky, der neue Vorsitzende der Gewerkschaft der Lokführer, bezeichnete den "Wechsel auf einen gut dotierten Posten auf der Arbeitgeberseite" in der "taz" (Freitagsausgabe) als "Ergebnis einer konsequenten Politik". Der Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Harald Reutter, sagte dem Blatt, bei Verdi habe die Personalie "heftiges Kopfschütteln" ausgelöst. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, sagte der Zeitung: "Dieser Wechsel hat nicht nur ein Geschmäckle, er stinkt zum Himmel."
Ausgerechnet der Vorsitzende
Der SPD-Linke Hermann Scheer sagte dem "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe), "dass es ausgerechnet der Gewerkschaftsvorsitzende sein muss und dann auch noch im Zusammenhang mit dem Konflikt um die Bahn-Privatisierung, das kann nur Kopfschütteln hervorrufen". Der ebenfalls zum linken SPD-Flügel gehörende Niels Annen warf Hansen in der "Leipziger Volkszeitung" (Freitagsausgabe) eine "gewisse Schamlosigkeit" vor. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn nannte es im "Tagesspiegel" "peinlich, wie der brave Privatisierungs-Hurra-Gewerkschafter Hansen nun mit einem Vorstandsposten belohnt wird".
Hansen wies die Vorwürfe zurück: "Mir vorzuhalten, ich hätte in den vergangenen Monaten meine Position geändert, um an einen Posten zu kommen, ist abwegig", sagte Hansen der "Frankfurter Rundschau" (Freitagsausgabe). Er kündigte an, er wolle sein neues Amt nutzen, um das vereinbarte Beschäftigungsbündnis umzusetzen - "im Sinne der Beschäftigten und des Unternehmens".
Gewerkschafter auf Mehdorn-Linie
Hansen steht bei Gegnern des Börsengangs der Deutschen Bahn in der Kritik, da er den Privatisierungskurs von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn seit langem unterstützt. Zuletzt handelte er zusammen mit der Gewerkschaft GDBA einen Tarifvertrag aus, der nach Angaben der Gewerkschaften eine Beschäftigungssicherung bis 2023 vorsieht. "Bahn für Alle" kritisierte allerdings, die Vereinbarung garantiere nicht den versprochenen Kündigungsschutz.
Quelle: ntv.de