Großaktionär will alles HeidelCement vor Übernahme
12.06.2005, 12:39 UhrDer Unternehmer Adolf Merckle will für rund 6,5 Mrd. Euro Deutschlands größten Zementhersteller HeidelbergCement übernehmen. Mit knapp 13 Prozent ist der Großindustrielle bereits Hauptaktionär bei dem Unternehmen.
Eine von Merckle kontrollierte Beteiligungsgesellschaft bietet den HeidelbergCement-Aktionären in einer am Freitagabend veröffentlichten Kaufofferte die Übernahme aller Aktien zu je 60 Euro an. Damit erhielten die Aktionäre des im Nebenwerte-Index Mdax gelisteten Unternehmens einen Aufschlag von rund einem Fünftel auf den Schlusskurs der Aktien von 50,25 Euro am Freitag.
Bieter ist die weitgehend unbekannte Spohn Cement GmbH mit Sitz im schleswig-holsteinischen Norderfriedrichskoog. Die Firma gehört zum Firmenimperium Merckles, der mit seinem direkt gehaltenen Aktienbesitz von zuletzt knapp 13 Prozent als einflussreichster Aktionär bei HeidelbergCement gilt. Analysten gehen jedoch davon aus, dass Merckle über Beteiligungsfirmen und Familienmitglieder deutlich höhere Kapitalanteile am drittgößten Zementhersteller Europas hinter Lafarge und Holcim kontrolliert. Merckle besitzt unter anderem die Pharmahandelsgesellschaft Phoenix und den Generika-Hersteller Ratiopharm, bedeutende Anteile hält der Investor auch an dem Pistenbully-Hersteller Kässbohrer.
Eine Sprecherin von HeidelbergCement sagte, der Gesellschaft läge das Angebot noch nicht vollständig vor. Spohn Cement stellte das Angebot unter anderem unter den Vorbehalt, dass der Zusammenschluss durch die Kartellbehörden freigegeben wird. Weitere Bedingungen will Spohn Cement noch nennen, auf einer im Zusammenhang mit der Übernahmeofferte angebenen Internet-Seite waren zunächst aber noch keine Informationen hinterlegt.
Großaktionär Merckle baute Stellung systematisch aus
Merckle hat seinen Einfluss beim weltweit viertgrößten Zementhersteller mit Sitz in Heidelberg seit dem vergangenen Jahr deutlich verstärkt, nachdem mehrere Banken ihre Engagements beendeten oder reduzierten. Mit dem seit Ende Januar amtierenden Vorstandschef Bernd Scheifele und dem seit Herbst 2004 bei HeidelbergCement tätigen Finanzchef Lorenz Näger hat der im Aufsichtsrat vertretene Investor Merckle zwei Vertraute an der Führungsspitze des Zementherstellers eingesetzt. Beide Manager waren zuvor bei Phoenix Pharmahandel tätig. Durch die Einbringung von Anteilen an dem indonesischen Zementhersteller Indocement in HeidelbergCement Ende Mai und die Teilnahme an der Barkapitalerhöhung im Frühjahr baute die Merckle-Familie ihre Stellung weiter aus. Die Allianz hält noch knapp fünf Prozent des Kapitals von HeidelbergCement, Fonds des französischen Versicherers Axa gut zehn Prozent der insgesamt rund 109 Mio. ausgegeben Aktien.
Die Bietergesellschaft Spohn Cement ist eng mit Merckle verknüpft. Seit Juni 2002 hält Merckle mehr als 75 Prozent der Stimmrechte an der Beteiligungsgesellschaft Kötitzer Ledertuch- und Wachstuch-Werke AG, die die Spohn Cement konsolidiert. In der Bilanz ist Spohn Cement mit einem Buchwert von 280 Millionen Euro berücksichtigt. Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Kötitzer Ledertuch mit zuletzt zwei Mitarbeitern ist mit Jutta Merckle ein Mitglied der Merckle-Familie. Die Gesellschaft erwirtschaftete im Jahr 2004 bei einem marginalen Umsatz von 32.000 Euro aus Mieterträgen einen Überschuss von 158,4 Mio. Euro. Auch die ebenfalls zur Merckle-Gruppe gehörende VEM Vermögensverwaltung GmbH mit Sitz in Dresden hält Anteile an der Kötitzer Leder. Allen drei Gesellschaften sind bedeutende Stimmrechtsanteile an HeidelbergCement zuzurechnen.
Die vor 132 Jahren gegründete HeidelbergCement AG war im vergangenen Jahr erstmals in der Nachkriegsgeschichte mit 333 Mio. Euro tief in die roten Zahlen gerutscht, da vor allem auf die ausländischen Tochtergesellschaften Wertberichtigungen von rund 700 Mio. Euro anfielen. Im Frühjahr erhöhte das Traditionsunternehmen sein Kapital um 270 Mio. Euro und tilgte damit teilweise eine Hochzinsanleihe. HeidelbergCement hat in den vergangenen Jahren seine internationale Präsenz durch die Übernahme von Indocement gestärkt, in Deutschland kaufte HeidelbergCement Marktanteile durch die Übernahme kleinerer Konkurrenten wie Teutonia Zementwerke und Anneliese Zement in Nord- und Westdeutschland zu.
Quelle: ntv.de