Banken-Crash in den USA IndyMac am Ende
12.07.2008, 13:31 UhrDie US-Immobilienkrise hat mit dem Zusammenbruch des US-Hypothekenfinanzierers IndyMac einen neuen Tiefpunkt erreicht. Der größte unabhängige börsennotierte Baufinanzierer wurde vom Staat übernommen, nachdem das Institut in massive Kapitalnöte geraten war. Es ist eine der größten Bankenpleiten in der US-Geschichte überhaupt und bereits der fünfte Zusammenbruch eines Instituts in diesem Jahr. Für die kommenden Monate rechnen Branchenkenner mit zahlreichen weiteren Pleiten, was die Suche des staatlichen Einlagensicherungsfonds der US-Banken (FDIC) nach einem Käufer für IndyMac nicht gerade erleichtern dürfte. Nach Angaben des FDIC handelt es sich um den größten Banken-Crash in den USA seit dem Kollaps der Continental Illinois National Bank im Jahr 1984.
"Diese Institution ist heute einer Liquiditätskrise zum Opfer gefallen", sagte der Chef der unmittelbar zuständigen Sparkassenaufsicht OTS, John Reich. Die Geschäfte der Bank sollen unter dem Dach der FDIC ab Montag fortgesetzt werden. Über die Einlagensicherung sind in den USA Guthaben bis zu 100.000 Dollar je Anleger abgedeckt. Der Fonds rechnet mit einem Schaden von vier bis acht Milliarden Dollar. Die OTS erwartet aber keine größeren Auswirkungen auf die Märkte, weil die Zahl der IndyMac-Geschäftspartner vergleichsweise gering sei.
Kunden "stinksauer"
Unter Kunden sorgte die vorübergehende und völlig unerwartete Schließung der Bank für großen Unmut. "Ich bin stinksauer. Sie hätten mir etwas sagen können", sagte etwa eine 29-jährige Friseurin, die verzweifelt vor den verschlossenen Türen einer IndyMac-Filiale in Los Angeles stand und Geld abheben wollte. Ein anderer Kunde geriet mit einem Sicherheitsmann aneinander.
IndyMac hatte erst vor wenigen Tagen angekündigt, wegen der Krise über die Hälfte seiner 7200 Mitarbeiter zu entlassen und sein Geschäft weitgehend einzustellen. Zuvor war die OTS zu dem Urteil gekommen, dass das Institut nicht länger über ausreichend Kapital verfüge. Im vergangenen Jahr hatte IndyMac noch Hypotheken von 77 Mrd. Dollar ausgegeben und lag mit einem Marktanteil von gut drei Prozent insgesamt auf dem neunten Platz der Branche. Inzwischen haben über 100 US-Hypothekenfirmen im Zuge der Krise ihr Geschäft eingestellt oder sind Pleite gegangen.
Diskrete Telefonate
Die Sparkassenaufsicht OTS machte den New Yorker Senator Charles Schumer für die IndyMac-Pleite mitverantwortlich. Seine Äußerungen von Ende Juni, in denen er angezweifelt habe, dass das Unternehmen die Häuserkrise überleben könne, hätten zu einem Ansturm der Sparer auf die Konten geführt und damit zu einem rasanten Kapitalabfluss. Allein in den folgenden elf Geschäftstagen hätten Kunden mehr als 1,3 Mrd. Dollar bei IndyMac abgezogen. Der demokratische Politiker wies die Anschuldigungen zurück und warf der Aufsichtsbehörde im Gegenzug vor, ihre Arbeit vernachlässigt und IndyMac nicht an seiner verlustträchtigen Kreditvergabe-Praxis gehindert zu haben.
Die staatliche Übernahme von IndyMac fachte erneut Spekulationen an, dass auch die stark angeschlagenen Hypothekenfinanzierern Freddie Mac und Fannie Mae auf einen ähnlichen Rettungsanker vom Staat hoffen könnten. So erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus verschiedenen Kreisen, dass US-Notenbankchef Ben Bernanke eine Notfall-Finanzspritze für Freddie und Fannie plane. Bernanke habe dies in einem Telefonat mit Freddie-Chef Richard Syron gesagt, ließ eine in das Gespräch eingeweihte Person verlauten.
Eine Sprecherin der US-Notenbank sagte dagegen, es seien keine Diskussionen mit den beiden Konzernen über Zugang zum Diskontfenster der Notenbank geführt worden. Freddie Mac und Fannie Mae droht wegen der Kreditkrise ebenfalls der Kollaps. Die beiden halbstaatlichen Institute dominieren den US-Hypothekenmarkt.
Quelle: ntv.de