Pipelines komplett stillgelegt Kein russisches Gas mehr
07.01.2009, 08:30 UhrDie Lieferungen von russischem Erdgas über die Ukraine nach Europa sind komplett gestoppt worden. Es fließe kein für europäische Kunden bestimmtes russisches Gas mehr durch die Pipelines in der Ukraine, teilte sowohl die staatliche ukrainische Gasgesellschaft Naftogaz als auch der russische Gasmonopolist Gazprom mit. Noch erhält Westeuropa aber über andere Leitungen Gas.
Russland machte die Ukraine für den kompletten Stopp der Gaslieferungen nach Europa verantwortlich. Die Ukraine habe in der Nacht alle Transit-Pipelines geschlossen, sagte Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew in Berlin. Medwedew warnte zugleich davor, dass "sehr ernste technische Probleme" auftreten könnten, wenn die Pipelines bei "diesem sehr kalten Wetter" für eine lange Zeit geschlossen blieben. Angaben von Naftogaz zufolge hat Russland die Lieferungen selbst gestoppt. Kiew und Moskau kündigten an, diesen Donnerstag über die Beilegung ihres Energie-Konflikts verhandeln zu wollen. Europa bezieht normalerweise ein Viertel seines Erdgases von Gazprom.
Wie lange reichen die Vorräte?
Österreich hatte bereits am Morgen gemeldet, dass in der Nacht zum Mittwoch erstmals kein Gas mehr über die russischen Pipelines angekommen sei. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner kündigte an, voraussichtlich am kommenden Freitag eine sogenannte Notverordnung darüber zu erlassen, wie das vorhandene Gas auf die Verbraucher verteilt wird. Österreich hat nach seinen Angaben Gasvorräte für volle drei Monate.
Auch der tschechische Gasimporteur RWE Transgas meldete den Stopp der Lieferungen über die ukrainischen Transit-Pipelines aus Russland. Die Gazprom wirft der Ukraine Gasdiebstahl vor. Schon am Dienstag war es im Zuge des russisch-ukrainischen Gaskonfliktes zu massiven Liefereinschränkungen gekommen. Gazprom hatte die Lieferungen um ein Viertel gekürzt. Nur zehn Prozent der üblichen Menge waren zum Beispiel in Österreich angekommen.
Zu deutlicheren Lieferausfällen ist es auch in Bulgarien, Rumänien, Ungarn und am Balkan gekommen. In der Slowakei wurde wegen der Lieferausfälle der Notstand ausgerufen. Auch Italien erhielt am Mittwoch erstmals kein Gas mehr über die russischen Pipelines.
Italiens Minister für Wirtschaftsentwicklung Claudio Scajola kündigte an, ein Notstandskomitee zur Energiekrise einzuberufen. Italien deckt den Großteil seines Bedarfs an Erdgas mit Lieferungen aus Algerien und Russland.
Deutschland hält drei Monate durch
In Deutschland, das über die Ukraine und auch über Weißrussland und Polen versorgt wird, gab es ebenfalls einen starken Einbruch bei den Gaslieferungen. Einen Engpass wird es hierzulande nach Angaben der Experten jedoch nicht geben.
"Kein Verbraucher muss Angst haben, dass er in der kalten Wohnung sitzt. Die Versorgung mit Erdgas ist sichergestellt", sagte Martin Weyand, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bei n-tv. Zwei Drittel der Erdgaslieferungen für Deutschland kämen aus westeuropäischen Quellen, aus den Niederlanden, aus Norwegen, aus einheimischer Produktion. Diese Bezugsquellen könnten auch kurzfristig erhöht werden. "Darüber hinaus bekommen wir auch über die Transitstrecke über Weißrussland Erdgas aus Russland. Diese Mengen werden jetzt auch erhöht", so Weyand weiter.
Glos kritisiert Abhängigkeit
Allein mit den Reserven kann Deutschland nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) "bei normalen Temperaturen" ein Vierteljahr durchhalten. Bei der jetzigen Kälte werde es aber schneller eng, sagte der Minister. Im Gegensatz zu anderen Ländern sei die Bundesrepublik nicht ausschließlich auf russische Lieferungen angewiesen.
Glos kritisierte zugleich, dass immer mehr Gas für die Stromerzeugung verbraucht werde. "Es ist falsch, immer mehr Strom aus Gas zu erzeugen. Das bringt uns ja gerade in die Lage, dass wir immer abhängiger werden."
Quelle: ntv.de