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Klare Fronten bei der EZB Keine Zinssenkung in Sicht

Die einflussreichen EZB-Ratsmitglieder Axel Weber und Athanasios Orphanides sowie führende Wirtschaftsinstitute lehnen eine Zinssenkung entschieden ab. Bundesbankchef Weber schließt angesichts der starken Teuerung sogar Zinserhöhungen nicht aus. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale "entschieden und vorbeugend" bekämpfen, sagte er in Frankfurt: "Wir werden alle Entwicklungen genau verfolgen und prüfen, ob das aktuelle Zinsniveau beim Erreichen unserer Ziele hilft". Die Inflationsrate im Euro-Raum hatte im März mit 3,6 Prozent einen Rekordwert erreicht. Die Währungshüter halten mittelfristig nur einen Preisanstieg von knapp unter zwei Prozent für akzeptabel.

Deshalb sprach sich auch Orphanides gegen Zinssenkungen aus. "Die Daten der vergangenen Tage geben keinen Anlass, die Politik zu ändern", sagte der frühere Redenschreiber von US-Notenbankchef Ben Bernanke und heutige Notenbankchef Zyperns. Auch die acht führenden Wirtschaftsinstitute raten in ihrem Frühjahrsgutachten für die Bundesregierung von Zinssenkungen ab. Die EZB sollte angesichts des enormen Preisdrucks ihren Leitzins bis 2009 bei vier Prozent belassen. Billigeres Geld könnte Konsum und Investitionen ankurbeln und die Preise noch mehr nach oben treiben, fürchten sie.

Bundesbank-Chef Weber: "Konjunktur ist robust"

Gewerkschaften fordern dagegen, die Konjunktur mit niedrigeren Zinsen anzukurbeln. Sie verweisen auf die US-Notenbank, die wegen der Rezessionsgefahr ihre Geldpolitik massiv gelockert hat.

Weber begründete seine harte Haltung gegen Zinssenkungen vor allem mit der Sorge vor einer Lohn-Preis-Spirale. Er fürchtet, dass die Gewerkschaften wegen der stark steigenden Lebenshaltungskosten überzogene Lohnabschlüsse durchsetzen und die Inflation damit zusätzlich anheizen - weil Unternehmen dann versuchen könnten, die höheren Personalkosten auf die Verbraucher abzuwälzen. "Die jüngsten Lohnrunden im Euro-Raum haben nicht dazu beigetragen, den Preisdruck zu begrenzen", sagte der Bundesbankchef. In Deutschland erhalten die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sowie der Stahl- und Chemieindustrie jeweils rund fünf Prozent mehr.

Weber hält Zinssenkungen auch wegen der robusten Konjunktur in Deutschland und im Euro-Raum für unangemessen. "Übertriebener Konjunkturpessimismus ist derzeit fehl am Platze", sagte er. So werde die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal voraussichtlich um etwa 0,75 Prozent zulegen. Damit würde sie mehr als doppelt so schnell wachsen wie Ende 2007 mit 0,3 Prozent. Für das gesamte Jahr rechnet die Bundesbank bislang mit einem Plus von 1,9 Prozent nach 2,5 Prozent 2007. Eine deutliche Korrektur dieser Prognose sei trotz Finanzkrise und hoher Ölpreise nicht notwendig, sagt Weber. Ungeachtet der Kaufkrafteinbußen durch die starke Teuerung werde der private Konsum zulegen. Grund sei der anhaltende Rückgang der Arbeitslosigkeit, sagte Weber.

Teuerung hält auch 2009 an

Bis ins nächste Jahr hinein werden rasante Preissteigerungen durch die massive Verteuerung von Lebensmitteln und Energie anhalten. Die Teuerungsrate werde auch 2009 "sehr wahrscheinlich" über der kritischen Marke von 2,0 Prozent liegen, sagte Bundesbank-Präsident und EZB-Ratsmitglied Axel Weber vor der britischen Handelskammer in Frankfurt. Der Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise sei hartnäckiger als erwartet. Die EZB werde daher ihre Inflationsprognose anheben. Bislang geht die Notenbank davon aus, dass die Teuerung im nächsten Jahr mit 2,1 knapp über der entscheidenden Zwei-Prozent-Marke liegt, bei der die EZB Preisstabilität definiert.

Die Inflation in den 15 Ländern des Euro-Währungsgebietes war im März mit 3,6 Prozent auf einen Rekordwert seit der Euro-Einführung. Nach Einschätzung der EZB besteht die Gefahr, dass die historisch hohe Inflation im Euro-Raum auch durch steigende Preise für Dienstleistungen beschleunigt wird. Für die Teuerung gebe es "eine Reihe an Aufwärtsrisiken", schreibt die Notenbank in ihrem Monatsbericht. Die Währungshüter warnen vor überhöhten Lohnabschlüssen in den laufenden Tarifverhandlungen und fürchten, dass Unternehmen die gestiegenen Rohstoffkosten an die Verbraucher weitergeben.

Die Zentralbank ist für die wirtschaftliche Entwicklung weiter optimistisch. Trotz der Finanzmarktkrise gebe es ein "gemäßigtes, aber fortgesetztes Wachstum" im Euro-Raum, heißt es im Monatsbericht. In Deutschland wird der Aufschwung nach Einschätzung des Bundesbank- Präsidenten auch in den kommenden Monaten weitergehen. "Die treibenden Kräfte für den Aufschwung bleiben weiterhin intakt", sagte Weber. Im laufenden Jahr gebe es keinen Grund für "Schwarzmalerei". Weber rechnet im laufenden Jahr mit rund 1,5 Prozent Wachstum für Deutschland.

Quelle: ntv.de

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