Siemens-Schmiergeld-Prozess Kritik an internen Beratern
05.06.2008, 13:11 UhrIm Prozess um milliardenschwere Schmiergelder bei Siemens ist die konzerninterne Unternehmensberatung Siemens Management Consulting (SMC) ins Visier geraten. Ein Zeuge sagte am Donnerstag vor dem Münchner Landgericht, SMC-Mitarbeiter hätten im Rahmen eines Sparprogramms zwar die Festnetzsparte ICN genau nach Einsparungsmöglichkeiten durchforstet, der Posten Provisionen sei aber nicht unter die Lupe genommen worden. "Mir ist bekannt, dass der Titel Provisionen nicht angeschaut worden ist", sagte er. Im Fokus hätten vor allem Personaleinsparungen gestanden.
Über Scheinberaterverträge sollen bei Siemens dubiose Provisionszahlungen in schwarze Kassen geflossen sein. Nach Aussage des Zeugen, der mehrere Jahre Mitarbeiter des Rechnungswesens der Kommunikationssparte war, haben auch Revisionsabteilungen des Konzerns dubiose Zahlungen nicht moniert. "Eine wirkliche voll umfängliche Prüfung hätte das zutage bringen müssen", sagte der Kaufmann. "Dass einer sich dieses Thema genauer angesehen hätte", sei ihm nicht bekannt. "Eher das Gegenteil", erklärte der Zeuge, gegen den ermittelt wird.
"Alle schweigen und machen mit"
Er hat nach eigenen Angaben mit Billigung seiner Vorgesetzten zahlreiche Scheinverträge und andere Papiere für Zahlungsanweisungen unterschrieben. "Ich habe einige Zahlungsbelege mitunterschrieben, wo das Thema Rechnung zumindest fragwürdig ist", erklärte er. Er habe auch mit dem Bereichsvorstand der Festnetzsparte über die Zahlungen gesprochen, jedoch die Antwort erhalten, das sei in diesem Geschäft die Regel. "Irgendwann habe ich nicht mehr so genau nachgefragt." Er habe sich als "Teil eines Systems" gesehen, wo er entweder mitmachen könne oder sich komplett raushalten könne. Letzteres "sah ich negativ für meinen Werdegang", sagte der Kaufmann. Er habe nicht "als Bremsschuh" wirken wollen.
Auch dessen Vorgesetzter, der nicht persönlich als Zeuge vor Gericht aussagte, hat laut Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl Zahlungsanweisungen unterschrieben. "Es herrschte der Grundsatz: 'Alle schweigen und machen mit'", zitierte die Staatsanwältin aus einer Vernehmung des Zeugen.
Quelle: ntv.de