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Machtkampf bei SAP Kronprinz Agassi geht

Der SAP-Technologievorstand und Kronprinz von Vorstandschef Henning Kagermann tritt zurück. SAP teilte am Mittwochabend in Walldorf mit, Shai Agassi verlasse das Unternehmen zum 1. April im gegenseitigen Einvernehmen. Vertriebsvorstand Leo Apotheker werde stellvertretender Vorstandssprecher.

Agassi sei nicht glücklich gewesen, als Mitgründer und Großaktionär Hasso Plattner Kagermann bat, länger an der Spitze des Unternehmens zu bleiben, sagte Plattner bei einer Telefonkonferenz. Er habe Agassi angeboten, erst Vize-Chef und später Kagermanns Nachfolger zu werden. "Er wollte aber nicht warten", sagte Plattner. Agassi werde SAP als Berater mit einem Büro im kalifornischen Palo Alto erhalten bleiben und sich ansonsten im Bereich Umweltpolitik und alternativer Energie engagieren. Regulär wäre Kagermanns Vertrag zum Ende dieses Jahres abgelaufen. Nun bleibt er bis 2009 am Ruder.

"Wir bedauern Shais Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen und bedanken uns für die außergewöhnlichen Leistungen, die er für SAP erbracht hat", sagte Plattner. "Wir bleiben gute Freunde", fügte der SAP-Mitgründer hinzu. Mit der jüngsten Klage des Konkurrenten Oracle wegen angeblichen Diebstahls von Softwarecodes habe der Rückzug des Vorstands nichts zu tun.

Der 1968 geborene Informatiker Agassi erklärte, es sei "eine große Ehre" gewesen, für SAP zu arbeiten. Er wolle sich nun anderen Themen wie Umweltpolitik und Energie zuwenden. Agassi war im Zuge der Übernahme des US-Portalsoftwareanbieters Toptier im Jahr 2001 zu SAP gekommen und saß seit 2002 im Vorstand. Dort verantwortete er die Bereiche Technologie und Produktentwicklung. SAP hatte rund 400 Millionen Dollar für Toptier gezahlt, Agassi hatte das Unternehmen gegründet und geleitet.

Neben dem Israeli war auch immer wieder der seit 2002 amtierende Vertriebs- und Marketingvorstand Leo Apotheker als Nachfolger von Kagermann genannt worden. Ob Apotheker nun anstelle von Agassi Nachfolger des 2009 ausscheidenden Kagermann wird, blieb zunächst unklar. Aufsichtsratschef Plattner wollte sich nicht in die Karten schauen lassen und sagte, er werde sich von niemandem zu öffentlichen Äußerungen über Nachfolgeregelungen hinreißen lassen.

Der wortgewandte und vielsprachige Volkswirt Apotheker ist seit 1988 bei SAP und war vor allem in Frankreich und Benelux für den Softwarekonzern aktiv. Insgesamt zählt SAP sieben Vorstände. Im Gegensatz zu Agassi sucht der 53-jährige Apotheker die Öffentlichkeit und sitzt bei den meisten Pressekonferenzen neben Vorstandssprecher Kagermann und Finanzchef Werner Brandt mit auf dem Podium.

SAP richtet zudem die Führung des Unternehmens mit der Gründung eines Executive Council neu aus. Dieses zehnköpfige Managergremium berichtet ab April an Kagermann beziehungsweise Apotheker. Die Neuorganisation werde SAP helfen, die selbstgesteckten Wachstumsziele zu erreichen, sagte Kagermann "Wir bleiben weltweiter Marktführer für Unternehmenssoftware", sagte der Vorstandssprecher mit Blick auf Kokurrenten Oracle, der mit milliardenschweren Übernahmen in die Domäne von SAP eingebrochen ist.

Kagermanns Vertrag als Vorstandssprecher war Mitte Februar bis Mai 2009 verlängert worden. Das Mandat wäre ansonsten Ende 2007 ausgelaufen, im Juli wird er 60 Jahre alt. Der Professor für Mathematik und Physik arbeitet seit 1982 bei SAP und sitzt seit 1991 im Vorstand. Von 1998 bis 2003 führte er den Konzern gemeinsam mit SAP-Mitgründer Plattner. Seit dessen Wechsel in den Aufsichtsrat im Mai 2003 wurde Kagermann alleiniger Vorstandssprecher - der erste, der 1972 nicht an der Gründung des Walldorfer Software-Konzerns beteiligt war.

An der New Yorker Börse gaben die SAP-Aktien nach Bekanntgabe leicht nach und wurden kurz vor Handelsschluss 1,7 Prozent im Minus bei 44,47 Dollar notiert. Im Xetra-Handel hatten die Papiere 0,7 Prozent auf 33,63 Euro eingebüßt.

Quelle: ntv.de

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