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Künftig Doppelspitze? Mehdorn-Erbe gesucht

Der Rücktritt des Bahn-Chefs war absehbar. Schon am vergangenen Freitag geriet der Manager durch neue Enthüllungen im Daten-Skandal bei der Bahn so stark unter Druck, dass selbst die Bundesregierung nur noch auf Zeit spielte. Es lässt sich nur spekulieren, wie viel Druck übers Wochenende auf Mehdorn ausgeübt wurde, sein Amt nach der Bilanz-Pressekonferenz zur Verfügung zu stellen.

Künftig könnte es bei der Bahn sogar eine Doppelspitze geben. Wie die " Welt" aus Bahnkreisen erfahren haben will, wird in der Politik und im Konzern diskutiert, die bisherige Funktion von Bahnchef Hartmut Mehdorn zu teilen. Demnach soll es einen neuen Vorstandschef der Deutschen Bahn geben, der an der Spitze des gesamten Konzerns steht und als sogenannter CEO (Chief Executive Officer) vor allem ein politisches Amt innehat. Ihm zur Seite soll ein COO (Chief Operating Officer) stehen, also ein Spitzenmanager, der für das operative Geschäft tätig ist. Damit würde dem Bericht zufolge der Verbund des Konzerns, auf den die Gewerkschaften bestehen, gewährleistet.

Dass der neue Mann an der Gesamtspitze außerhalb der Bahn gesucht wird, gilt laut "Welt" als ausgemacht. Doch der zweite Mann, der COO, werde wohl aus dem Konzern nachrücken, weil dort ein Manager mit Erfahrung gesucht werde, hieß es. Für diesen Job werde immer öfter der Name des derzeitigen Fernverkehrsvorstandes Nikolaus Breuel genannt.

Nachfolger noch diese Woche

Nach Angaben von Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) will man möglichst noch in dieser Woche einen Nachfolger für den scheidenden Bahnchef vorschlagen. Wie Steinmeier nach Beratungen der SPD-Spitzen mitteilte, werden sich die zuständigen Ministerien noch in der ersten Wochenhälfte zusammensetzen. Er sei zuversichtlich, dass man anschließend einen "hochkompetenten, engagierten" Nachfolger präsentieren könne. Dieser brauche sicher nicht aus den "klassischen" Parteischienen kommen. Er sei optimistisch, dass eine Einigung mit der Union in dieser Personalie gelinge.

Nach den Worten Steinmeiers kam der Rückzug Mehdorns wegen des Vorlaufs und der Schlagzeilen vom letzten Wochenende "zum richtigen Zeitpunkt". Mehdorns Verdienste um den Konzern blieben unvergessen. Auch unter einem Nachfolger müsse die Deutsche Bahn international ein "wichtiger Player" bleiben.

Steinmeier signalisierte weiter, dass die SPD von der geplanten Teilprivatisierung der Bahn vorerst abrückt. Diese Frage habe angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise an Aktualität verloren. Es sei deshalb unwahrscheinlich, dass ein solcher Börsengang auch in der nächsten Wahlperiode zustande komme.

Mehdorn verteidigt sich

Linksfraktionschef Gregor Gysi hat das Rücktrittsangebot des Bahn-Chefs als überfällig bezeichnet. "Der Schaden, den der uneinsichtige Bahnchef angerichtet hat, ist riesig", erklärte Gysi. Das Image der Bahn sei für lange Zeit ramponiert. "Unsäglich und nicht hinnehmbar ist die Tatsache, dass Mehdorn allen Ernstes versucht hat, aus der Bahn einen Geheimdienst zu machen." Wer seine Mitarbeiter viele Jahre nach allen Regeln der Kunst ausspionieren lasse, habe an der Spitze eines großen staatseigenen Betriebes nichts verloren.

Mehdorn selbst hat der Belegschaft seinen Rücktritt in einem Mitarbeiterschreiben erläutert. "Jeder, der mich kennt, weiß auch, dass ich immer ein Kämpfer für dieses Unternehmen und seine Beschäftigten war. Das bin ich auch heute noch", heißt es in dem Schreiben. "Aber ich musste für das Unternehmen und mich selber entscheiden, ob gerade in einer solchen Wirtschaftskrise eine wochen- oder monatelange Kampagne gegen mich dem Unternehmen nicht zusätzlich großen Schaden zufügt. Dies will ich uns allen mit meinem Schritt ersparen." Der scheidende Konzernchef kündigte eine geordnete Übergabe seines Amtes an einen Nachfolger an. Das Schreiben endet mit den Worten: "Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner."

Quelle: ntv.de

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