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Von Pierer wird Belastung Merkel geht auf Distanz

Die Bundesregierung setzt sich vom früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer ab. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" plant Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), von Pierer als obersten Innovationsberater der Regierung durch Ex-BMW-Chef Joachim Milberg zu ersetzen. Die Personalie soll in einen Umbau des bisherigen Innovationsrates eingebettet werden, um den Eindruck einer Abberufung von Pierers zu vermeiden. Merkel hatte den hochrangig besetzen Beraterkreis 2006 ins Leben gerufen.

Im Zuge des Schmiergeldskandals war der langjährige Siemens-Chef vergangenen April von seinem Posten als Aufsichtsratsvorsitzender zurückgetreten. Auf seine politische Tätigkeit hatte der Schritt keine Auswirkungen. Vielmehr zollte Merkel dem Manager seinerzeit ausdrücklich Respekt und stärkte ihn in seiner Tätigkeit als Chef ihres Beratergremiums. Der Meinungswandel im Kanzleramt ist vor dem Hintergrund von jüngsten Medienberichten zu sehen, nach denen von Pierer von den schwarzen Kassen in seinem Haus gewusst haben soll. Der 67-Jährige bestreitet jede Kenntnis.

Die Regierung kommentierte auch gestern nicht die Spendenaffäre. Ein Sprecher Merkels sagte aber, man werde "die Struktur des Innovationsrats diskutieren". Die Regierung könnte die Gelegenheit nutzen, die Zahl der wissenschaftlichen Beratungsgremien zu reduzieren. Auch Forschungsministerin Annette Schavan hat ein Beratergremium, dem Milberg vorsitzt.

"Kriminelles Handeln"

Unterdessen hat sich Siemens-Chef Peter Löscher nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wegen des Korruptionsskandals in ungewöhnlich scharfer Form vom ehemaligen Management des Konzerns distanziert. In einem Brief an die 135.000 Beschäftigten in Deutschland schreibt Löscher, es sei klar, dass es aus der Mitte des Unternehmens heraus "über längere Zeit unverantwortliches und wohl auch kriminelles Handeln" gegeben habe.

Löscher machte deutlich, dass Siemens die Drahtzieher der Korruptionszahlungen aufspüren wolle: "Wir tun alles für vollständige Aufklärung, und wir wollen, dass klar wird, wer verantwortlich war." Nur saubere Geschäfte seien nachhaltige Geschäfte, erklärte Löscher. Mitarbeiter müssten nun genau hinsehen, "damit wir Risiken, die das Unternehmen in der Vergangenheit nicht hinreichend im Griff hatte, für die Zukunft beherrschen".

Laut "Süddeutscher Zeitung" wird der frühere Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger, gegen den bereits seit Anfang 2007 ermittelt wird, durch eine Zeugenaussage und interne Vermerke zusätzlich belastet. Er soll dem Aufsichtsrat Hinweise auf schwarze Kassen verschwiegen haben. Neubürger nahm dazu gegenüber dem Blatt nicht Stellung.

Wie die Zeitung berichtet, hat der frühere Konzernjustitiar und Anti-Korruptionsbeauftragte Albrecht Schäfer bei der Münchner Staatsanwaltschaft als Zeuge ausgesagt, er habe Neubürger und andere Siemens-Manager im November 2003 über Erkenntnisse der italienischen Justiz zu einem Schmiergeldsfall in der Kraftwerksbranche unterrichtet. Er habe Neubürger und diesen Managern ein Papier der Mailänder Staatsanwaltschaft gegeben, in dem detailliert ein System von schwarzen Kassen in Liechtenstein und Dubai beschrieben worden sei. Bei den von ihm informierten Vorständen hätten automatisch die "roten Warnlampen" angehen müssen, sagte Schäfer aus.

Auch Sharef im Visier

In der Korruptionsaffäre ist ein weiterer früherer Zentralvorstand ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Die Ermittlungen seien auf die Energieübertragungssparte PTD und den einst zuständigen Spitzenmanager Uriel Sharef ausgeweitet worden, sagte ein Sprecher der Behörde. Einzelheiten wollte er nicht nennen. Sharef war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Siemens wollte sich unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern.

Bislang steht vor allem die ehemalige Telekommunikationssparte Com im Zentrum der Ermittlungen wegen Schmiergeldzahlungen. Siemens hatte Ende Januar dubiose Zahlungen in einer Reihe seiner Geschäftsbereiche eingeräumt. Die Summe der fragwürdigen Transfers bei PTD hatte Finanzchef Joe Kaeser damals für die Jahre 1999 bis 2006 auf 80 Mio. Euro beziffert. Wegen schwarzer Kassen und Bestechung bei Com wurde Siemens bereits zu einer Geldbuße von 201 Mio. Euro verurteilt. Der Prozess gegen einen der mutmaßlichen Hauptverantwortlichen in dem Segment beginnt Ende Mai. Laut Anklageschrift wusste der frühere Zentralvorstand nichts von der Korruptionspraxis bei Com.

Quelle: ntv.de

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