Moskau und Minsk Nach Gas- nun Ölstreit
04.01.2007, 17:49 UhrNach der mühsamen Beilegung des Gaskonflikts ist zwischen Russland und Weißrussland ein Streit um Ölzölle ausgebrochen. Die weißrussische Regierung hat zum 1. Januar eine Transitgebühr von 45 Dollar je Tonne für Öl eingeführt, das durch Pipelines nach Westen gepumpt wird. Damit reagierte Minsk auf die Einführung eines Zolls von 180 Dollar für jede nach Weißrussland exportierte Tonne Rohöl durch Russland.
Die weißrussische Gebühr verstoße gegen die vereinbarte Zollunion, kritisierte das russische Wirtschaftsministerium in Moskau. Die Handelsbeschränkung könne "sich negativ auf die Pläne zu einer weiteren Integration der beiden Länder auswirken".
Moskau will mit der Gebühr unterbinden, dass russische Ölkonzerne ihren Rohstoff billig in weißrussischen Raffinerien verarbeiten lassen. Nach Angaben der Agentur Interfax fließen jährlich etwa 70 Millionen Tonnen russisches Öl durch weißrussische Leitungen nach Westen. Dieser Transit werde nicht eingeschränkt, sagte der Sprecher des weißrussischen Außenministeriums, Andrej Popow, in Minsk. Weißrussland reagiere aber mit seiner Gebühr auf den neuen Zoll der Russen.
Im Gaskonflikt hatten Weißrussland und der russische Konzern Gazprom erst zwei Minuten vor dem Jahresende neue Lieferverträge bis 2011 unterzeichnet. Danach muss Minsk für 1000 Kubikmeter Gas zunächst 100 statt bisher 47 Dollar zahlen. Bis 2011 soll der Preis dann auf westeuropäisches Niveau angehoben werden. Gazprom setzte sich auch mit seiner Forderung nach einer Beteiligung von 50 Prozent an dem staatlichen weißrussischen Gasverteiler Beltransgas durch. Die Preiserhöhung trifft die weißrussische Wirtschaft hart, die bislang vom billigen russischen Gas profitierte.
Die EU-Kommission in Brüssel erklärte, angesichts wiederholter Versorgungskrisen reiche die Arbeit der europäischen Gas- Koordinierungsgruppe nicht mehr aus, die sich am Donnerstag zu einer Sondersitzung traf. "Offensichtlich müssen wir mehr in dieser Richtung tun", sagte ein Behördensprecher. Die EU habe Russland und Weißrussland um ihre Zusicherung ungehinderter Gastransporte gebeten. "Die haben beide gegeben", sagte der Sprecher von Energiekommissar Andris Piebalgs. Die in Brüssel versammelten Fachleute der 27Mitgliedstaaten und der EU-Kommission begrüßten die Einigung zwischen den beiden Nachbarländern. Ein Versorgungsengpass wie während des Gasstreits zwischen Russland und der Ukraine im vergangenen Winter drohe deshalb - auch wegen des bisher milden Wetters - in diesem Jahr nicht, sagte der Sprecher.
Beide Krisen machten jedoch die Notwendigkeit einer engen Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten deutlich. Energiekommissar Andris Piebalgs will am kommenden Mittwoch eine Strategie zur langfristigen Energiepolitik in Europa vorlegen, bei der Versorgungssicherheit ein Hauptpunkt sein soll.
Quelle: ntv.de