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Bahn-Privatisierung Namens- statt Volksaktie

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück lehnt eine Privatisierung der Deutschen Bahn über die in Teilen seiner Partei angestrebte Volksaktie einem Magazinbericht zufolge ab. "Im Ergebnis soll das Konzept der stimmrechtslosen Vorzugsaktien nicht weiter verfolgt werden", zitierte der "Spiegel" aus einem achtseitigen Argumentationspapier, das Steinbrück am Montag dem SPD-Vorstand vorlegen wolle. Um unerwünschten Einfluss von Investoren zu unterbinden, sei die Ausgabe von Namensaktien besser geeignet. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, der die Volksaktie ebenfalls ablehnt, plädierte offen für eine Privatisierung über Namensaktien, die dem Besitzer jeweils zugeordnet werden können.


Das Steinbrück-Papier listet dem Bericht zufolge etliche Nachteile des Volksaktien-Modells auf. "Ob eine stimmrechtslose Bahnaktie große Nachfrage auf sich ziehen und ein adäquates Volumen einspielen könnte, erscheint zweifelhaft", zitierte das Magazin aus dem Schriftstück mit dem Titel "Volksaktie Bahn - Pro und Contra". Auch könne eine Garantie-Dividende dazu führen, dass der Konzern nicht genügend Geld für Investitionen übrig habe. Bei Verlusten wäre sogar denkbar, dass der Bund als Mehrheitseigner Geld nachschießen müsse, um die Ansprüche der Aktionäre zu befriedigen.

Namensaktien hätten den Vorteil, dass sich jeder Besitzer zu erkennen geben müsse und Bahn und Bund den Überblick über die Anteilseigner behalten könnten, sagte er der "Wirtschaftswoche". Dies würde auch Ängsten in der Bevölkerung entgegenwirken, "unredliche Zeitgenossen könnten sich hinten herum der Bahn bemächtigen". Teile der SPD dagegen setzen auf die Volksaktie, um unliebsame Großanleger draußen zu halten: Ähnlich einer Anleihe soll sie kein Stimmrecht besitzen, aber mit einer Garantie-Dividende von fünf Prozent ausgestattet sein. Der SPD-Parteitag Ende Oktober will über das Modell beraten.

Mehdorn will mehr Freiheit bei Trassenpreisen

Mehdorn forderte die Möglichkeit zur regelmäßigen Erhöhung der Trassenpreise für die Nutzung des Schienennetzes. Eine Steigerung um den Inflationsausgleich wäre eine realistische Zielgröße, sagte er. Im Gegenzug signalisierte der Bahn-Chef, dass das Unternehmen die Milliardenkosten für den Erhalt des Netzes um drei bis vier Prozent drücken könnte. Nach dem Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) soll der Bund der Bahn künftig bis zu 2,5 Milliarden Euro im Jahr für den Erhalt des Netzes zahlen.

Neue Kritik am Tiefensee-Modell kam vom Bundesrechnungshof, wie das Magazin "Focus" berichtete. Entgegen den Plänen der Bundesregierung könnten Wirtschaftsprüfer die Verwendung von Bundesmitteln durch die Bahn nicht wirksam kontrollieren, heiße es in einem Bericht an die zuständigen Bundestagsausschüsse. Schon für die Investitionen in das bestehende Schienennetz fehlten seit Jahren Testate über die ordnungsgemäße Verwendung von etwa 210 Millionen Euro. Der Bund habe dies bisher so hingenommen.



Bundestagsabstimmung zur Teilprivatisierung erst 2008

SPD-Fraktionschef Peter Struck schloss unterdessen nicht aus, dass die Bundestagsabstimmung über die Teilprivatisierung auf das kommende Jahr verschoben wird. "Wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen", sagte er der "Berliner Zeitung". Arbeitsminister Franz Müntefering hält die Mehrheiten in seiner Partei für die Bahn-Reform für gesichert, wie er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte.

Der Bundestag hatte am Freitag erstmals über den Gesetzentwurf zur Bahn-Privatisierung beraten. Auch in Teilen von Union und SPD gibt es gegen das Tiefensee-Modell Widerstand. Der Bund bleibt danach zwar formal Eigentümer des Netzes und zahlt Milliardenzuschüsse für dessen Unterhalt, die Bahn als wirtschaftlicher Eigentümer aber betreibt die Trassen und führt Gewinne oder Verluste in der eigenen Bilanz. Um das Netz nach 15 Jahren zurückzubekommen, müsste der Bund einen Wertausgleich von derzeit 7,5 Milliarden Euro zahlen.

Quelle: ntv.de

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