Keine Streiks vor Montag Neue Front bei Lufthansa
24.07.2008, 17:33 UhrLufthansa-Passagiere müssen frühestens Anfang nächster Woche mit Flugausfällen wegen Streiks rechnen. "Morgen werden wir das Ergebnis der Urabstimmung verkünden, ab Montag sind dann Streiks möglich", sagte Lufthansa-Gesamtbetriebsratschef und Verdi-Mitglied Wolf Liebetrau dem "Handelsblatt". Vorbereitungen, welche Standorte wann bestreikt werden sollen, liefen bereits. Urlauber kommen damit in der Hauptreisezeit am Wochenende noch um die Folgen der Streiks herum. Lufthansa-Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber versuchte den drohenden Streik des Boden- und Kabinenpersonals mit einem Appell an die Mitarbeiter in letzter Minute noch abzuwenden.
Das Ergebnis der Urabstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern der Lufthansa in Deutschland soll am Freitag bekanntgegeben werden. Die für unbefristete Streiks nötige Zustimmung von 75 Prozent gilt als Formasche. Lufthansa-Management und Verdi hatten sich nicht auf eine Gehaltserhöhung verständigen können. Das Unternehmen bietet eine Erhöhung von 6,7 Prozent in zwei Schritten und eine Einmalzahlung von einem Prozent des Jahresgehalts. Die Gewerkschaft fordert 9,8 Prozent mehr für eine Laufzeit von zwölf Monaten.
Sieben Euro pro Passagier
Mayrhuber deutete in einem offenen Brief an, ein Streik könnte einen Stellenabbau bei Deutschlands größter Fluggesellschaft zur Folge haben. Der Vorstandschef nannte die Tarifauseinandersetzung "völlig überflüssig und kontraproduktiv" und "gegebenenfalls sogar gefährlich". Lufthansa mache zu wenig Gewinn. " Circa sieben Euro pro Passagier sind auf Dauer nicht ausreichend, um unser Wachstum zu finanzieren und Ihnen Arbeitsplatzsicherheit zu geben", schrieb Mayrhuber. "Um es klar zu sagen: Nur profitable Arbeitsplätze sind sicher."
Er müsse die Folgen der steigenden Treibstoffkosten und der rückläufigen Konjunktur berücksichtigen, hieß es in dem Brief. Die "explosionsartig" gestiegenen Kerosinpreise gefährdeten die Existenz vieler Fluggesellschaften, dagegen stehe Lufthansa gut da. Das dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden. Lufthansa will im laufenden Jahr an das Rekordergebnis aus 2007 anknüpfen. Die Beschäftigten hätten dazu beigetragen, Lufthansa auf Höhenflug zu bringen, nun sollten sie auch angemessen dafür entlohnt werden, hatte Verdi gefordert.
Konkurrenz frohlockt
Noch vor einem möglichen Streik hatte die Lufthansa Verdi zu einer Schlichtung aufgefordert. Die Drohung der Gewerkschaft mit einem Ausstand belaste bereits die Geschäfte. Die Kunden buchten schon anderswo. Für Verdi kommt ein Schlichter vorerst nicht in Frage.
Die Lufthansa versucht die Folgen für die Passagiere gering zu halten. Sollte es zu Flugausfällen und Verspätungen kommen, können Passagiere umbuchen oder ihre Reise kostenlos stornieren, falls sie durch Verspätungen hinfällig wird. Auf innerdeutschen Strecken können Fluggäste auch auf die Bahn ausweichen.
Zwischen Piloten und Bodenpersonal
Die Lufthansa-Konkurrenten frohlocken bereits: "Seit Mitte der Woche haben wir deutlich mehr Buchungen", sagte ein Sprecher des Billigfliegers EasyJet dem "Tagesspiegel". Weder die Bahn noch Air Berlin planten zusätzliche Verbindungen, um mögliche Ausfälle bei der Lufthansa zu kompensieren. Die Bahn geht davon aus, dass sie auch so alle Lufthansa-Kunden transportieren kann.
Die Lufthansa kämpft derzeit an zwei Streikfronten: Auch die in der Vereinigung Cockpit (VC) organisierten Piloten der Regionalflugtöchtern Eurowings und CityLine fordern mehr Geld. In dieser Woche waren bei den beiden Gesellschaften hunderte Flüge wegen Warnstreiks ausgefallen.
Quelle: ntv.de