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Schmierige Vergangenheit Neue Hinweise bei Siemens

Im Zusammenhang mit den neuen Erkenntnissen ist nun auch die Staatsanwaltschaft hellhörig geworden. "Wir gehen davon aus, dass wir informiert werden, wenn strafrechtlich relevante Erkenntnisse vorliegen", sagte Oberstaatsanwalt Anton Winkler am Donnerstag in München. Ob die fraglichen Informationen den Ermittlungsbehörden bereits vorlägen, könne er noch nicht beurteilen. Grundsätzlich sei die Staatsanwaltschaft aber natürlich an allen relevanten Informationen interessiert.

Am Mittwoch hatten Siemens-Anwälte von der Kanzlei Debevoise & Plimpton neue Informationen angekündigt. Mit Hilfe eines Amnestieprogramms und dank weiterer Quellen seien "sehr substanzielle Hinweise" für die internen Ermittlungen gewonnen worden, schrieb Debevoise & Plimpton in einem Brief an Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Diese beträfen eine "Reihe von Personen, die innerhalb einiger vergangener Jahre Mitglieder des Vorstands waren".

In dem Brief sprechen die US-Anwälte von "wichtigen neuen Informationen und sehr substanziellen Hinweisen", die für die Ermittlungen "von Bedeutung sind". Diese beträfen vor allem "das Verhalten und die Kenntnisse" früherer Vorstandsmitglieder, hieß es in dem Schreiben. "Aus einer Vielzahl von Gründen sehen wir es zur Zeit nicht als geboten oder angemessen an, diese Personen aufzudecken. Erstens, weil nahezu täglich wichtige neue Erkenntnisse gewonnen werden und die Preisgabe der Namen den Informationsfluss an uns behindern könnte."

Zudem dauerten die Untersuchungen an und man gehe derzeit "neuen Informationen nach, die wir kürzlich erhalten haben", erklärte die Kanzlei. Zudem wolle man die Reputation der betroffenen Personen schützen. Schließlich könnten die neuen Erkenntnisse auch für behördliche oder Gerichtsverfahren von Bedeutung sein. Ein Siemens-Sprecher wollte dazu auf Anfrage keine näheren Angaben machen.

Entlastung vertagt

Die Ankündigung neuer Erkenntnisse wird sich voraussichtlich auch auf den Zeitplan auswirken. Die für den 24. Januar geplante Abstimmung über die Entlastung von mehreren früheren und noch aktiven Konzernvorständen wird wahrscheinlich vertagt. Wie die Siemens AG am Mittwoch in München mitteilte, stimmt der Aufsichtsrat in einer außerordentlichen Sitzung am 21. Januar über einen entsprechenden Vorschlag von Präsidium und Vorstand ab.

Auch für die Aufsichtsratsmitglieder, die vor ihrer Tätigkeit in dem Kontrollgremium seit 1999 Vorstandsmitglieder waren, solle die Entlastung vertagt werden. Damit sind neben dem früheren Konzernchef Klaus Kleinfeld auch der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer und weitere ehemalige Mitglieder des Siemens-Topmanagements betroffen.

Hilflose Reaktion

Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft richten sich gegen zahlreiche frühere Siemens-Manager. Als Beschuldigte gelten dabei auch die Ex-Vorstände Heinz-Joachim Neubürger und Thomas Ganswindt.

Aktionärsschützerin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sprach angesichts der möglichen Verwicklung weiterer Vorstände von einer "neuen Dimension" der Schmiergeld-Affäre. "Jetzt hat sich der Worst Case realisiert", sagte Bergdolt. "Jetzt hat man noch mehr Vertrauen verloren." Von Anfang an hätte das Unternehmen nach ihrer Einschätzung einräumen müssen, dass der Skandal noch nicht abschließend beurteilt werden kann, und die Entlastung der früheren Unternehmensführung deshalb hintangestellt werden müsse. "Das Dramatische ist, dass ich das Gefühl habe, die reagieren nur und handhaben diese Affäre so hilflos", sagte Bergdolt.

Die Entlastung des neuen Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher sowie der Vorstandsmitglieder Siegfried Russwurm, Wolfgang Dehen sowie Peter Y. Solmssen bleibt dagegen auf der Tagesordnung. Da Löscher im Untersuchungszeitraum noch nicht für Siemens tätig gewesen sei, gebe es keinen Anlass für eine Vertagung.

Bei der Korruptionsaffäre geht es um 1,2 Mrd. Euro an dubiosen Zahlungen, die vorwiegend im Ausland als Schmiergeld eingesetzt worden sein sollen.

Quelle: ntv.de

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