"Sklaverei" vorgeworfen Nokia wehrt sich
19.02.2008, 15:34 UhrDer finnische Nokia-Konzern hat Beschuldigungen aus Rumänien über zu lange Arbeitszeiten für das neue Handy-Werk Jucu zurückgewiesen. Eine Unternehmenssprecherin sagte, anderslautende Berichte seien falsch. "Nokia hält sich weltweit an die arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Gebräuche im Rahmen der in den jeweiligen Ländern geltenden Gesetze", betonte die Sprecherin.
Der rumänische Gewerkschaftsbund Cartel Alfa hatte Nokia vorgeworfen, in seiner neuen Fabrik im rumänischen Jucu die Arbeitszeit über das in Rumänien zulässige Maß hinaus verlängern zu wollen. Dies wäre "eine neue Form der Sklaverei", sagte der Präsident von Cartel Alfa, Bogdan Hossu. An den rumänischen Standort wird die Produktion des Handy-Werks in Bochum verlagert, das im Gegenzug geschlossen wird.
Nokia wolle über eine Änderung des rumänischen Arbeitsgesetzes erreichen, dass die Arbeiter in Jucu für 60 bis 70 Stunden pro Woche zur Arbeit verpflichtet werden dürfen, sagte Hossu weiter. Derzeit seien höchstens 48 Stunden zulässig. Rumäniens Arbeitsminister Paul Pacuraru hatte vor einigen Tagen erklärt, Nokia habe bei ihm eine Änderung des Arbeitsgesetzes mit dem Ziel beantragt, dieses "flexibler" zu machen.
Nokia hat am 11. Februar in Jucu mit der Handyproduktion begonnen. Vorerst hat die Fabrik 350 Angestellte, bis Ende 2009 sollen es 3500 werden. Unterdessen prüft die EU-Kommission, ob Nokia in Rumänien unzulässige Vergünstigungen bekommen hat. Medienberichten zufolge interessiert sich Brüssel insbesondere für die geplante Befreiung des finnischen Konzerns von der lokalen Immobiliensteuer.
Diese Vergünstigung ist nach Angaben des Industriepark-Betreibers in Jucu, Tetarom, nicht nur für Nokia, sondern für alle Mieter des Industrieparks geplant. Derzeit hat der Park "Tetarom III" in Jucu aber juristisch noch nicht den Status eines Industrieparks. Dieser Status ist eine Voraussetzung für die Befreiung von der Immobiliensteuer. Diese Formalitäten sollen binnen zwei Monaten geregelt werden, hieß es.
Im Streit um die Subventionen für Nokia hat der finnische Handy-Hersteller eine ausführliche Stellungnahme eingereicht. Das rund 40 Seiten starke Papier ging bei der landeseigenen NRW.Bank ein, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Düsseldorf. Das Land fordert 41 Mio. Euro Subventionen zurück, weil Nokia in Bochum weniger Arbeitsplätze als vereinbart geschaffen haben soll. Nokia wies dies erneut zurück und bekräftigte in der Stellungnahme, es seien alle Auflagen erfüllt worden. Die Anforderungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen seien sogar übertroffen worden. Die Rückforderung von Subventionen habe daher keine Aussicht auf Erfolg. "Unsere Juristen werden sich das jetzt ansehen", hieß es in Düsseldorf.
Für das Bochumer Werk des Handy-Herstellers beginnen an diesem Mittwoch die Verhandlungen um einen Interessenausgleich. Dazu kommen Betriebsrat und IG Metall mit Nokia-Deutschland-Chef Klaus Goll zusammen. Sie rechne nicht mit einem schnellen Ergebnis, sagte die Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach. Beide Seiten hätten ihre Anwälte bei den vertraulichen Gesprächen dabei.
Der Betriebsrat will für die rund 2300 Beschäftigten eine Abfindung und die Weiterbeschäftigung in einem neuen Unternehmen erreichen. "Dabei muss Nokia helfen. Die müssen sich jetzt verdammt anstrengen, um ihre Weste wieder reinzuwaschen", sagte Achenbach. Denkbar sei neben der Abfindung etwa die mietfreie oder günstige Überlassung des Nokia-Betriebsgeländes für Neuinvestoren, hieß es von Arbeitnehmervertretern.
Quelle: ntv.de