Zur Not Spartenverkauf Obermann macht Druck
12.05.2007, 12:05 UhrNach dem Streikbeginn bei der Deutschen Telekom verschärft sich der Ton zwischen Management und Gewerkschaft. Konzernchef Rene Obermann drohte mit dem Verkauf von Service-Sparten. Postwendend unterstrich die Gewerkschaft Verdi ihre Bereitschaft zu einem langen Arbeitskampf.
Obermann sagte der "Bild am Sonntag": "Die Tür für Gespräche bleibt offen. Wir wollen eine gemeinsame Lösung mit Verdi. Aber: Wenn es zu keiner Lösung mit der Gewerkschaft kommt, könnten wir zu Verkäufen von Service-Sparten gezwungen sein, um die Kosten in den Griff zu kriegen. Für die Mitarbeiter wäre das sicher die schlechtere Lösung."
Zugleich forderte Obermann die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Konzernchef bekannte, dass ihn die derzeitige Situation auch persönlich mitnimmt. Obermann: "Ich habe zur Zeit einige schlaflose Nächte." Er fügte hinzu: "Am Ende der Nacht komme ich immer wieder zum selben Ergebnis: Wir haben keine Alternative zum Reformkurs."
"Kompletter Blödsinn"
Aus Sicht der Gewerkschaft Verdi ist die Drohung von Obermann mit einem möglichen Spartenverkauf wenig hilfreich. "Mit so einer Aussage trägt Herr Obermann nicht gerade zur Entschärfung des Konflikts bei", konterte Verdi-Verhandlungsführer Lothar Schröder im Gespräch mit der "Welt am Sonntag". Der Streikleiter der Gewerkschaft, Ado Wilhelm, sagte demselben Blatt, ein Verkauf von Service-Sparten wäre "komplette Blödsinn", der dazu beitrage, dass das Unternehmen nicht mehr richtig geführt werden könne.
Wilhelms Worten zufolge haben einige Kunden erste Auswirkungen des Streiks bereits zu spüren bekommen. "Am Freitag hat es schon erhebliche Einschränkungen durch Terminverschiebungen, liegen gebliebene Aufträge und unbearbeitete Störungsmeldungen gegeben", sagte er. Schröder ergänzte: "Wir sind auf eine lange Auseinandersetzung vorbereitet."
Auch Obermann betonte, die Telekom sei für den Arbeitskampf gerüstet. "Wir haben uns so gut wie möglich auf den Streik vorbereitet und werden alles dafür tun, dass unsere Kunden wenig davon merken." Der Telekom-Chef äußerte Verständnis für die Wut der Mitarbeiter. Obermann: "Auch mir tun solche Entscheidungen weh und ich verstehe, dass die Menschen sauer sind."
Streik geht weiter
Die Gewerkschaft Verdi hat derweil ihren Streik bei der Telekom wegen des Konzernumbaus am Samstag fortgesetzt. Zunächst wurden Arbeitsniederlegungen in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bekannt.
Rund 70 Beschäftigte in Berlin und Brandenburg seien aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen, teilte ver.di mit. Betroffen seien die Störungsannahme in Frankfurt (Oder) und in Berlin. Dort sollen den ganzen Tag über keine Störungsmeldungen angenommen werden. "Wer heute ein Problem mit seinem Telefon hat, wird im Service niemanden erreichen", sagte Verdi Fachbereichsleiter Mike Döding.
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sollten etwa 90 Mitarbeiter in den Streik treten. Betroffen seien die Call-Center in Halle, Dresden, Chemnitz und Gera sowie der Servicebereich in Suhl. "Die Call-Center werden auch heute wieder schwerer erreichbar sein", sagte Enrico Zemke von Verdi Sachsen-Anhalt.
Der Arbeitskampf richtet sich gegen die geplante Auslagerung von bundesweit mehr als 50 000 Mitarbeitern in Service-Gesellschaften, wo sie für weniger Geld mehr arbeiten sollen.
Quelle: ntv.de