Neuanfang bei Siemens Peter Löscher übernimmt
21.05.2007, 07:41 UhrNach der Ernennung des wenig bekannten Pharma-Managers Peter Löscher zum neuen Siemens-Chef steht am Montag die Meinung der Börse zum überraschenden Personalcoup im Mittelpunkt. Im vorbörslichen Handel bei Lang und Schwarz wird die Aktie am Montag 92,68 zu 92,88 Euro gehandelt, klar über dem Schlusskurs vom Freitag von 92,54 Euro. Die Papiere des Konzerns hatten schon am Freitag nach ersten Anzeichen für eine baldige Lösung der Führungskrise bei Siemens um mehr als vier Prozent zugelegt.
Mit Löscher, der vom US-Pharmakonzern Merck & Co. kommt, hat Siemens zwar die Chance auf einen Neuanfang. Allerdings führte er noch nie ein Unternehmen dieser Größe, war nur im Pharma-Bereich tätig und hat schwierige Probleme wie die Korruptionsaffäre um schwarze Kassen zu meistern. Der Siemens-Aufsichtsrat hatte den 49-jährigen Löscher am Sonntag zum Nachfolger von Konzernchef Klaus Kleinfeld berufen. Der gebürtige Österreicher soll am 1. Juli die Führung übernehmen.
Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme sagte am Sonntag, mit Löscher habe man eine "herausragende Persönlichkeit" gewonnen. Auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat begrüßten Löschers Berufung und sagten ihm ihre Unterstützung zu. Nach Einschätzung von Aktionärsschützern wird es der neue Siemens-Chef unterdessen schwer haben, sich im Konzern eine Hausmacht aufzubauen.
Unterdessen hat sich die Affäre um Korruption und schwarze Kassen dem "Focus" zufolge nochmals dramatisch ausgeweitet. Laut Justizkreisen seien bereits verdächtige Zahlungen in Höhe von drei Mrd. Euro festgestellt worden - eine Mrd. im Bereich Kommunikation und zwei Mrd. in anderen Geschäftsfeldern. Die Affäre um Korruption und schwarze Kassen könne sich noch drei bis vier Jahre hinziehen, heißt es in der neuen Ausgabe. Bis Ende 2007 wollten die Staatsanwälte in den ersten Verfahren Anklagen erheben. Siemens hatte bislang von 420 Mio. Euro an verdächtigen Zahlungen gesprochen, aber auch angekündigt, dass die Summe nach der Überprüfung anderer Bereiche steigen könnte.
Als Nachfolger für Siemens-Europachef Johannes Feldmayer rückt derweil wie erwartet der bisherige Leiter der Siemens-Sparte Gebäudetechnologie, Heinrich Hiesinger (46), zum 1. Juni in den Zentralvorstand nach. Feldmayer war nach der Affäre um die verdeckte Finanzierung der Arbeitnehmer-Organisation AUB beurlaubt worden. Feldmayers Aufgaben waren interimsmäßig an andere Vorstände verteilt worden. Hiesinger soll zum Jahreswechsel auch die Aufgaben von Personalchef Jürgen Radomski übernehmen.
Quelle: ntv.de