Neuer Streit um Startbahn Pfeifkonzert für Airbus-Chef
02.03.2007, 16:16 UhrDie rund 4.700 Mitarbeiter der drei deutschen Airbus-Werke Nordenham, Varel und Laupheim wollen am Montag an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Sie hatten die Arbeit niedergelegt, nachdem am Mittwoch das Sparprogramm Power8 und der mögliche Verkauf ihrer Standorte verkündet wurden. 
Airbus-Deutschlandchef Gerhard Puttfarcken wurde Arbeitnehmerangaben zufolge bei Betriebsversammlungen am Freitag ausgepfiffen. Neue Informationen wurden bei Versammlungen in allen sieben deutschen Werken nicht bekannt. Die Bundesregierung will sich für den Erhalt möglichst vieler Stellen einsetzen und steht in Kontakt mit der Airbus-Spitze. Mit Unterbrechung des A380-Frachterprogramms brach der Streit um die Verlängerung der Hamburger Airbus-Startbahn erneut auf.
Kampf um die Arbeitsplätze
Puttfarcken betonte, wie die genaue Verteilung des geplanten Abbaus von 3.700 Stellen in Deutschland aussehen soll, stehe noch nicht fest. Natürlich habe eine Zuteilung mit der Größe der Betriebe zu tun, ergänzte er. Puttfarcken verteidigte die geplante Abtrennung der Werke. Airbus müsse sich die Frage stellen, wo das Unternehmen künftig mit eigenem Geld tätig sein müsse, sagte er in Laupheim. Bereiche, die wie Laupheim etwa überwiegend der Komponentenfertigung zuzurechnen seien, gehörten nicht dazu. Insgesamt sollen im Zuge des Sanierungsprogramms "Power8" 10.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Die Werksverkäufe sind dabei nicht mitgezählt.
"Die Formel, dass für die Krise nur Managementfehler verantwortlich sind, ist definitiv falsch. Sie machen es sich alle zu leicht, dass man nur ein Feindbild hier heraufbeschwört", sagte Puttfarcken in Varel. "Sicherlich haben Managementfehler eine Rolle gespielt beim Thema A380, nur die strukturellen Fehler, denen wir uns heute stellen müssen, haben mit Managementfehlern nichts zu tun."
Die IG Metall hält den Verkauf von Airbus-Werken für den falschen Weg. "Die Werke haben in den vergangenen Jahren hochprofitabel gearbeitet, da liegt überhaupt nicht das Problem", sagte die IG-Metall-Bezirksleiterin Küste, Jutta Blankau. Der Produktionsverbund der europäischen Airbus-Werke habe funktioniert; es gebe keinen Grund, ihn zu zerschlagen.
Kein Frachtflugzeug - keine Startbahn 
In Hamburg sehen sich die Gegner des Ausbaus der Startbahn am deutschen Hauptwerk Finkenwerder durch die Aussetzung der Entwicklung der A380-Frachtversion bestätigt und prüfen deshalb einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht. "Mit dieser Entscheidung von Airbus entfällt endgültig die Rechtsgrundlage für den Ausbau der Start- und Landebahn", sagte der Landesgeschäftsführer des Naturschutzverbandes BUND, Manfred Braasch. Der Ausbau um 589 auf 3.273 Meter ist vor allem wegen des Eingriffs in ein traditionelles Obstanbaugebiet umstritten.
Airbus hatte den Frachter A380F immer wieder als wichtigsten Grund für die Verlängerung genannt. Am Donnerstagabend wurde bekannt, dass das Programm auf Eis gelegt wird. Der einzige verbliebene Kunde, der Paketzusteller UPS, will den Auftrag für zehn Airbus-Frachtflugzeuge im späteren Jahresverlauf streichen.
Die Hamburger Wirtschaftsbehörde betonte, der Ausbau sei nicht nur für die Frachtversion wichtig. "Werkserweiterung wie auch die Verlängerung der Start- und Landebahn sind notwendige Infrastrukturanpassungen, um die Entwicklungsfähigkeit des Standortes zu garantieren", sagte Senator Gunnar Uldall. "Einen Rückbau der bisher ins Werk gesetzten Maßnahmen zu fordern, ist absurd und lässt sich auch rechtlich nicht halten."
Kritik aus Politik 
Die Bundesregierung betonte, dass sie in engem Kontakt mit dem Management des Flugzeugbauers bleibe. Die Airbus-Spitze habe weitere Gespräche angeboten, sagte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Freitag in Berlin. Der neue Koordinator der Regierung für Luft- und Raumfahrt, Peter Hintze (CDU), werde sich "für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Standorte einsetzen". Eine Sprecherin von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, jeder Arbeitsplatz, der bei Airbus verloren gehe, sei schmerzlich. Es gehe nun darum, möglichst viele Jobs zu erhalten.
Airbus-Chef Louis Gallois betonte, die Maßnahmen seien aus seiner Sicht ausgewogen. ""Power 8" ist ein gerechter Plan, verteilt auf verschiedene Länder, auch wenn jetzt jeder das Gefühl hat, mehr Opfer gebracht zu haben als der andere", sagte er der Zeitung "Les Echos". "Dass jetzt mehr Werke in Deutschland von den Partnerschaften oder möglichem Verkauf betroffen sind, liegt daran, dass es mehr Airbus-Werke in Deutschland gibt." Konflikte zwischen den beteiligten Nationen seien "Gift für Airbus".
Unterdessen wollen sich acht französische Regionen am Airbus-Mutterkonzern EADS beteiligen, um Einfluss auf Investitionsentscheidungen zu gewinnen. "Es ist unvorstellbar, dass die französischen Flugzeugbauregionen dort nicht vertreten sind", sagte der Präsident der Region Midi-Pyrnes, Martin Malvy, dem Pariser "Figaro".
Quelle: ntv.de