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"Soldaten" bei Siemens? Pierer schwer belastet

In der Korruptionsaffäre bei Siemens sollen der Münchner Staatsanwaltschaft nach bisher unbestätigten Informationen schwere Anschuldigungen gegen Ex-Konzernchef Heinrich von Pierer vorliegen. Ein Siemens-Manager habe ausgesagt, Pierer habe ihn und einen Kollegen angehalten, fragwürdige Provisionszahlungen vorzunehmen. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Ausgabe vom Samstag. Knapp anderthalb Jahre nach Beginn der Schmiergeldaffäre stünde der langjährige Vorstandschef damit erstmals selbst im Verdacht, in kriminelle Machenschaften verwickelt zu sein. Pierer bestreitet dies.

Der Siemens-Manager hatte am Mittwoch als Zeuge bei der Staatsanwaltschaft München I ausgesagt. Dabei berichtete er den Ermittlern, er sei in den Jahren 2002 und 2003 intern gedrängt worden, eine fragwürdige Provisionszahlung vorzunehmen. Es sei um ein Großprojekt von Siemens in Argentinien gegangen.

Mittelsm änner in Argentinien

Im Auftrag der argentinischen Regierung sollte der Konzern dort ein System für elektronisch lesbare Pässe und Grenzkontrollen aufbauen. Der Münchner Staatsanwaltschaft liegen laut Zeitungsbericht Hinweise vor, dass für diesen Auftrag Schmiergeld an Regierungsvertreter geflossen seien. Der Auftrag wurde von Argentinien aber nach einem Regierungswechsel im Jahr 1999 wieder storniert. Mittelsmänner der neuen Regierung sollen von Siemens daraufhin weitere Provisionszahlungen gefordert haben.

Um eine solche zusätzliche Zahlung sei es bei dem Vorgang gegangen sein, über den der Siemens-Manager jetzt der Staatsanwaltschaft berichtet haben soll. Der Manager habe ausgesagt, er habe sich gegen diese Zahlung gewehrt und sei deshalb zusammen mit einem Kollegen bei Pierer vorstellig geworden. Pierer habe, so der Manager, ihn und seinen Kollegen angehalten, die Zahlung vorzunehmen, berichtet die Zeitung. In diesem Zusammenhang habe Pierer damals gesagt, sie müssten sich jetzt wie "Soldaten von Siemens" verhalten. Später seien zehn Millionen Dollar an eine Beraterfirma in der Schweiz gezahlt worden.

Pierer bittet zum Gespräch

Nach Angaben des Leiters der Staatsanwaltschaft, Christian Schmidt-Sommerfeld, fand am Freitag ein Gespräch der Strafverfolger mit Pierer statt. Das Gespräch, zu dem es auf Wunsch Pierers gekommen sei, werde am Montag fortgesetzt. Die Frage, ob gegen den Ex-Konzernchef ermittelt werde, ließ Schmidt-Sommerfeld unbeantwortet. Pierer habe der "Süddeutschen Zeitung" über seinen Anwalt mitgeteilt, er habe die beiden Manager damals nicht "angewiesen, diese sollten sich jetzt wie 'Soldaten von Siemens' verhalten und den Auftrag ausführen". Pierers Anwalt erklärte weiter, "Soldaten von Siemens" sei "nun wirklich keine Formulierung", die Pierer "je benutzen würde".

Der Manager, der Pierer belastet, hat sich gegenüber der Zeitung bislang nicht geäußert. Sein früherer Kollege, der bei dem Gespräch über das Argentinien-Geschäft mit Pierer dabei gewesen sein soll und der Siemens inzwischen verlassen hat, wollte ebenfalls nicht mit dem Blatt sprechen. Der Anwalt dieses ehemaligen Siemens-Angestellten sagte: "Mein Mandant ist nicht bereit, sich vor einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft öffentlich zu äußern". Ob ein Termin für die Vernehmung seines Mandanten bereits vereinbart ist, ließ der Anwalt offen.

Was weiß Siemens?

Siemens nahm zu dem Vorwurf gegen Pierer nicht Stellung. Der Konzernspitze sind die Vorwürfe des Managers gegen den Ex-Vorstandschef jedoch bekannt. Der Manager hat dazu Anfang April einen Vermerk verfasst, in dem er den Vorgang und den Besuch bei Pierer aus seiner Erinnerung schildert. Dieser Vermerk liegt Siemens vor. Darin schreibt der Manager, ihm sei Anfang dieses Jahrzehnts von einem Kollegen mitgeteilt worden, es seien bereits 70 Mio. US-Dollar für Vermittlerdienste argentinischer Regierungsvertreter gezahlt worden. Mittelsmänner verlangten weitere 27 Mio. Dollar. In dem Vermerk steht weiter, später seien zehn Millionen Dollar gezahlt worden.

Quelle: ntv.de

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