Gespräche mit Nokia Regierung mischt sich ein
17.01.2008, 13:17 UhrDie Bundesregierung will noch in dieser Woche Gespräche mit dem finnischen Nokia-Konzern wegen der geplanten Schließung des Bochumer Handy-Werks führen. Wirtschafts-Staatssekretär Hartmut Schauerte sagte: "Ich habe mit der finnischen Seite verabredet, dass wir noch in dieser Woche Gespräche führen ohne Vorbedingungen." Zu den Aussichten und dem Teilnehmerkreis wollte der Staatssekretär sich nicht konkret äußern.
Das Gespräch finde auf hoher Ebene statt, sagte er lediglich. Er wolle die Unterredung nicht durch Äußerungen zu seinen Erwartungen belasten. Beide Seiten hätten Vertraulichkeit vereinbart. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hatte Schauerte mit dem Fall Nokia beauftragt.
Auch die Belegschaft des Werks will das Management des Handy-Herstellers mit weiteren Zugeständnissen umstimmen. "Wir wollen den Standort erhalten. Dafür wollen wir in Finnland Vorschläge machen", kündigte Betriebsratschefin Gisela Achenbach in Bochum an. Der Betriebsrat sei zu Zugeständnissen bereit.
Absage aus Helsinki
Nokia-Sprecherin Arja Suominen hatte am Mittwoch in Helsinki erklärt, das Unternehmen sei bereit, seine Pläne zu erörtern. Nokia werde die Entscheidung aber nicht revidieren. "Unser Beschluss beruht auf einer sorgfältigen Prüfung und Fakten. Wir sind einfach zu der Überzeugung gekommen, dass Bochum als Standort nicht wettbewerbsfähig ist."
Mit deutschen Stellen will der finnische Nokia-Konzern nicht über eine mögliche Weiterführung der Werkes in Bochum mit 2.300 Beschäftigten verhandeln. Das hatte Unternehmenssprecherin Arja Suominen am Donnerstag in Helsinki betont. Die Entscheidung zur Schließung sei "sehr genau durchdacht". Das Unternehmen sei bereit, seine Pläne zu erörtern. Nokia werde die Entscheidung aber nicht revidieren.
Politik warnt vor Imageschaden
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hatte Nokia eindrücklich davor gewarnt, sich den geforderten Gesprächen über die Schließung des Bochumer Werks zu verweigern. Wenn Nokia Gespräche ablehne, werde sich der Image-Schaden für das Unternehmen noch vergrößern, warnte er.
Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen wollte sich in den kommenden Tagen bei Nokia für den Erhalt des Standorts Bochum stark machen. Trotz der jetzt erfolgten Absage betont Rüttgers, dass in den nächsten Tagen immer noch Gespräche aufgenommen werden könnten. Die Landesregierung werde alles unternehmen, um das Werk in Bochum zu erhalten. "Die Diskussion beginnt erst", so Rüttgers. Nokia habe noch immer keine plausiblen Gründe für die Schließungspläne angeführt.
Politiker als auch Gewerkschafter suchen derweil Rückhalt bei den Verbrauchern. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rief zum Boykott von Nokia-Produkten auf. "Wer heute ein Handy kauft, sollte bei seiner Kaufentscheidung bedenken, welche katastrophalen Konsequenzen das Verhalten des Unternehmens in Bochum für Tausende von Mitarbeitern geschaffen hat", sagte der DGB-Landeschef von Rheinland-Pfalz, Dietmar Muscheid. Das Aus für das Werk in Bochum bezeichnete er als "eine skandalöse Abzocke von Fördermitteln". Nokia hatte nach früheren Angaben der Landesregierung knapp 60 Millionen Euro Subventionen bei der Ansiedlung in Bochum erhalten.
EU: Kein Subventionstourismus
Die EU-Kommission bekräftigte unterdessen, dass Nokia in Rumänien keine direkte Förderung aus dem Europäischen Regionalentwicklungsfonds erhalte. Die Kommission gehe dieser Angelegenheit auch nicht weiter nach, erklärte die Sprecherin von EU-Regionalkommissarin Danuta Hübner am Donnerstag in Brüssel. Sie widersprach damit einem Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach die EU noch untersuche, inwiefern Nokia von Fördermitteln des Regionalfonds profitieren könnte.
Nokia hatte diese Woche völlig überraschend die Schließung des Werks mit rund 2300 fest angestellten Mitarbeitern zur Jahresmitte bekanntgegeben. Nach Gewerkschaftsangaben sind zudem bis zu 1000 Leiharbeiter betroffen. Zudem könnten bis zu 1000 weitere Jobs bei Zulieferern gefährdet sein. Nokia will aus Kostengründen die Produktion nach Rumänien, zum Teil auch nach Ungarn und Finnland verlagern. Dabei waren Spekulationen aufgekommen, dies werde mit EU-Mitteln subventioniert.
Es habe keine gezielte Förderung von Nokia gegeben, weder in Deutschland noch in Rumänien, erklärte EU-Sprecherin Eva Kaluzynska. "Rumänien hat und wird auch in der Zukunft Fördermittel für allgemeine Infrastruktur erhalten - so wie Deutschland auch." Jeder Investor könne davon indirekt profitieren. In Deutschland erhalten mehrere Bundesländer, darunter auch Nordrhein-Westfalen, Mittel aus demselben Fördertopf. Die Kommissionssprecherin ergänzte, aus dem bereits abgeschlossenen Förderprogramm für die neuen Beitrittsländer habe Rumänien für den Industriepark Tetarom I in Cluj Geld aus Brüssel erhalten. Für Tetarom III - den Technologiepark, in den Nokia ziehen will - habe es keine Subvention gegeben.
Quelle: ntv.de