Erhöhte Prognose möglich Salzgitter optimistisch
29.07.2008, 14:40 UhrDeutschlands zweitgrößter Stahlkonzern Salzgitter hat angesichts des Stahlbooms eine Anhebung seiner Gewinnziele in Aussicht gestellt. "Es kann sein, dass wir unsere Jahresprognose adjustieren werden", sagte Vorstandschef Wolfgang Leese in einem Interview. "Nach unten passen wir nichts an." Die Salzgitter-Aktie drehte daraufhin ins Plus und zählte mit einem Aufschlag von bis zu drei Prozent zu den größten Gewinnern im Nebenwerteindex MDax. Händler begründeten die steigende Nachfrage nach dem Papier mit dem positiven Ausblick von Firmenchef Leese.
Zu den Halbjahreszahlen, die Salzgitter Mitte August veröffentlichen will, sagte Leese: "Ich erwarte nichts Schlechtes." Während 2009 noch ein gutes Jahr werde, drohten allerdings schon ab 2010/11 Überkapazitäten. "Wir glauben nicht an immer weiter boomende Stahlmärkte", sagte Leese.
Salzgitter leidet zwar wie andere Stahlhersteller unter einer gewaltigen Verteuerung der Rohstoffe. "Bei Kokskohle zahlen wir 200 Prozent mehr als im Vorjahr, beim Erz 65 bis 85 Prozent", sagte Leese. Allerdings gelinge es dem Konzern, die Preiserhöhungen an seine Kunden weiter zu geben. "Am Spotmarkt geht das problemlos." Bei Langfristkontrakten sei es zwar schwieriger. "Aber wir verhandeln auch Jahresverträge nach", sagte Leese. Mit den Autobauern sollen die Gespräche bis Mitte August abgeschlossen sein. "Um unsere Kosten zu decken, müssten wir 20 Prozent draufschlagen." Nur ein Sechstel der Lieferantenbeziehungen beim Flachstahl basiere auf Jahreskontrakten. Daneben gebe es viele Verträge, die über sechs Monate laufen. "Wir profitieren davon, dass sich für unsere hochwertigen Stähle nicht so schnell Ersatz finden lässt."
Absage an Autobauer
Der Salzgitter-Chef lehnte Begehrlichkeiten von Kunden ab, die durch Lobbyarbeit versuchen, Preiserhöhungen zu vermeiden. "Jahrelang sind wir durch ein Tal der Tränen gegangen", sagte Leese. Während Zeiten schlechter Konjunktur hätten die Autobauer sich nicht um die Probleme der Stahlkocher gekümmert, während Salzgitter wie andere Unternehmen auf schmerzhafte Weise Prozesse verschlankt habe. "Dass die Autobauer jetzt, wo sich die Verhältnisse normalisiert haben, mit dem Finger auf uns zeigen und sich beklagen, wir verdienten so gut, das ist ja wohl ein Witz."
Der Kauf von Minen zur Verringerung der Abhängigkeit von großen Rohstoffkonzernen kommt für Salzgitter weiterhin nicht in Frage. "Dafür sind wir zu klein", sagte Leese. Hingegen suche Salzgitter unverändert nach Möglichkeiten, die rund zwei Milliarden Euro in der Firmenkasse sinnvoll zu investieren. Vor kurzem hatte Salzgitter eine 5,8-prozentige Beteiligung an der Kupferhütte Norddeutsche Affinerie erworben. "Wir haben eine Gelegenheit genutzt." Nun würden Kooperationsmöglichkeiten etwa in Forschung und Entwicklung oder beim Einkauf geprüft. "Wir wissen aber nicht, ob das eine langfristige Beteiligung sein wird." Salzgitter prüfe zwar, den NA-Anteil auszubauen. Es liefen aber keine entsprechenden Gespräche.
Gedankenspiele über ein neues Werk
Salzgitter will zudem in neue Stahlwerke investieren. "Wir untersuchen zusammen mit Partnern, ob man noch ein Rohr-Werk erstellen kann", sagte Leese. Allerdings müsse der Konzern vorsichtig vorgehen, um nicht Überkapazitäten zu haben, wenn sich der Markt wieder abkühlt. "Es wäre besser gewesen, schon 2002/03 zu investieren. Aber damals hatten wir das Geld nicht."
Um sich unabhängiger vom wachstumsschwachen Geschäft mit der Flachstahlherstellung zu machen, will Salzgitter seine Maschinenbau-Sparte durch Zukäufe vergrößern. "Es gibt viele Hidden Champions, die gut zu uns passen würden und zu denen wir teilweise bereits Lieferantenbeziehungen haben", sagte Leese. Der Fokus liege primär auf Deutschland. Gelegenheiten könnten sich etwa bieten, wenn sich bei einer dieser Firmen ein Problem mit der Nachfolge für den in Rente gehenden Unternehmensführer ergebe. "Ich bin eher für kleine Schritte - aber es könnte auch eine Milliarden-Investition sein. Das Geld haben wir."
Quelle: ntv.de