Wer wird jetzt Conti-Chef? Schaeffler hat's geschafft
21.08.2008, 15:40 UhrDie fränkische Schaeffler-Gruppe will ihr Übernahmeangebot für den Autozulieferer Continental nicht offiziell erhöhen, aber dennoch allen Aktionären ihre Anteile für die in Aussicht gestellten 75 Euro je Aktie abkaufen. Schaeffler werde Aktien zu 75 Euro erwerben und sei damit verpflichtet, allen Eignern ebenfalls diesen Betrag anzubieten, erklärte ein Sprecher. Eine formale Änderung des Angebots sei nicht geplant. Die ursprüngliche Offerte läuft somit offiziell unverändert am 27. August aus. Danach will Schaeffler feststellen, wieviele Aktien dem Unternehmen angedient wurden. Die gesetzlich vorgeschriebene erweiterte Annahmefrist ("Zaunkönigregelung") soll bis zum 16. September laufen.
Im Zuge des Einstiegs seien keine nennenswerten kartellrechtlichen Schwierigkeiten zu erwarten. "Wir haben beziehungsweise werden alle nötigen Unterlagen bei den Wettbewerbsbehörden einreichen", sagte ein Firmensprecher. Sollte Schaeffler mehr als die Hälfte der Anteile angedient bekommen, werde das Unternehmen Aktien verkaufen. Der Wälzlagerhersteller hat sich gegenüber Conti verpflichtet, sich vier Jahre lang auf höchstens 49,99 Prozent der Anteile zu beschränken.
Franken zollen Respekt
Zum Rücktritt des Conti-Chefs Manfred Wennemer erklärte Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger: "Wir respektieren die Entscheidung, hätten aber gerne weiter mit ihm zusammen gearbeitet." Wer Wennemer beerben soll, wollte man weder bei Conti noch bei Schaeffler kommentieren. Einem Magazinbericht zufolge soll Vorstandsmitglied Karl-Thomas Neumann Platz auf dem Chefsessel nehmen. Der 47-Jährige solle am Samstag vom Conti-Aufsichtsrat berufen werden, schreibt das "Manager Magazin". Als weiterer Kandidat gilt der bisherige Finanzvorstand Alan Hippe (41).
An der Finanzierungssituation habe sich durch die friedliche Einigung mit Conti nichts geändert, hieß es bei Schaeffler. Conti hatte zahlreiche namhafte Banken auf seine Seite gezogen, um Schaeffler die Aufnahme zusätzlicher Gelder zu erschweren.
Das Übernahmeangebot will Schaeffler nicht offiziell erhöhen, aber dennoch allen Aktionären ihre Anteile für die in Aussicht gestellten 75 Euro je Aktie abkaufen. Eine formale Änderung des Angebots sei nicht geplant, sagte ein Sprecher. Die ursprüngliche Offerte läuft somit offiziell unverändert am 27. August aus. Danach will Schaeffler feststellen, wieviele Aktien dem Unternehmen angedient wurden. Die gesetzlich vorgeschriebene erweiterte Annahmefrist ("Zaunkönigregelung") soll bis zum 16. September laufen.
Ungewöhnliche Eintracht
Die Gewerkschaften tragen die Einigung zwischen Conti und Schaeffler mit. "Wir begrüßen, dass dieses Ergebnis auf dem Verhandlungswege erzielt werden konnte. Die Zeit der Unsicherheit und Unklarheit ist vorüber, jetzt gilt es, den Blick nach vorn zu richten", sagte Conti-Aufsichtsratsvize Werner Bischoff (IG BCE).
Nach Standortgarantien und der Aufbesserung der Offerte auf 75 Euro je Aktie sei das Gesamtpaket in sich stimmig. "Es wird keine Zerschlagung der Konzernstrukturen geben, Standorte und Beschäftigung sind gesichert. Die Mitbestimmung bleibt in vollem Umfang erhalten", sagte Bischoff. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen würden nicht angetastet.
Bischoff lobte den zurückgetretenen Conti-Chef Wennemer, der mit Standortschließungen und der Produktionsverlagerungen ins Ausland bei Gewerkschaften wiederholt große Verärgerung provoziert hatte: "Für die Arbeitnehmervertretungen war Herr Wennemer ein harter, aber berechenbarer Verhandlungspartner." Der Aufsichtsrat wolle nun "zeitnah" eine Entscheidung über die Nachfolge treffen.
Schröder als "Gralshüter"
Der Automobil-Experte Wolfgang Meinig hat die geplante Rolle von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Übernahme des Autozulieferers Conti durch die Schaeffler-Gruppe scharf kritisiert. "Schröder ist nicht der richtige Mann, er ist nicht glaubwürdig", sagte der Leiter der Bamberger Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW). Es sei sehr negativ, ausgerechnet ihn "als Gralshüter zum Schutz der Arbeitnehmerschaft zu engagieren".
Der Alt-Bundeskanzler soll bei der Einigung zwischen Conti und Schaeffler der Garant zur Wahrung der Interessen von Continental, ihrer Aktionäre und Arbeitnehmer sein. Nach Ansicht von Meinig hat Schröder aber längst "die Front gewechselt" und steht nicht mehr auf der Seite der Beschäftigten. "Es gibt andere Persönlichkeiten, die die Position verantwortungsvoll übernehmen könnten", sagte Meinig.
Aufschub von fünf Jahren
Er warnte die Conti-Beschäftigten davor, sich allzu sicher zu fühlen. Die Vereinbarung mit Regelungen zum Schutz der Mitarbeiter kann zwar frühestens im Frühjahr 2014 gekündigt werden. "Die Leute vergessen aber, dass fünf Jahre eine kurze Zeit sind", sagte Meinig. Nach 2014 könne ein anderer Wind wehen. Strategisch sei die Zusammenarbeit zwischen Schaeffler und Conti jedoch sinnvoll.
In dem Übernahmekampf gab es nach Meinigs Einschätzung eine Reihe von Auffälligkeiten. So habe der Conti-Aufsichtsratsvorsitzende Hubertus von Grünberg stets eine Haltung eingenommen, "die nicht eindeutig auf Abwehr gerichtet war". Zur Rolle von Conti-Vorstandschef Manfred Wennemer, der zum 31. August zurücktritt, sagte Meinig: "Wer zu Beginn einer Übernahmeschlacht öffentlich erklärt, das Vorgehen der Schaeffler-Gruppe sei egoistisch, selbstherrlich und verantwortungslos, der hat nach allen Regeln seinen Rücktritt erklärt und seine Millionenabfindung gesichert."
Quelle: ntv.de