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Neue Hiobsbotschaft Spanien schwächelt

In Spanien mehren sich nach dem Ende des Baubooms die Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft. Die Industrieproduktion schrumpfte im März saisonbereinigt um 2,6 Prozent, wie die Regierung in Madrid mitteilte. Angesichts immer neuer Minuszeichen beim Industrieausstoß in den vergangenen Monaten muss die Regierung ihre Hoffnung wohl vorerst begraben, dass das verarbeitende Gewerbe die Schwäche der Bauwirtschaft teilweise auffangen könnte. Insbesondere die Stärke der Bauwirtschaft hatte Spanien eine mehr als zehnjährige Wirtschaftsblüte beschert.

Nach dem Ende des Booms müssen viele Baufirmen jetzt Arbeitsplätze abbauen. Dies zeigt sich auch in den steigenden spanischen Arbeitslosenzahlen: Im April waren 2,34 Mio. Menschen ohne Stelle. Das sind 15 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Selbst Experten sind von dem Tempo überrascht, mit dem Spaniens einst vor Kraft strotzender Wirtschaft nun die Puste ausgeht. "Die Häufung schlechter Konjunkturdaten lässt aufhorchen", meint Jose Luis Martinez von der Citibank.

Blase geplatzt

Nach Wachstumsraten von mehr als drei Prozent über Jahre hinweg wird vorerst wohl nur noch eine Zwei vor dem Komma stehen. Spaniens Wirtschaftsblüte gründete insbesondere auf dem Bauboom. Die Häuserpreise schossen immer weiter in die Höhe, bis die von den USA ausgehende Finanzkrise zum Platzen der Blase beitrug. Die sozialistische Regierung will mit Steuererleichterungen und staatlichen Konjunkturspritzen insgesamt zehn Mrd. Euro zur Stützung der erlahmenden Wirtschaft aufwenden. Damit ist es nach Ansicht von Notenbankchef Miguel Angel Fernandez Ordonez aber noch lange nicht getan: "Jetzt kommt es entscheidend darauf an, dass auch Bereiche außerhalb des Bausektors ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken."

Wie schwer die Krise das Geschäft um Grund und Boden getroffen hat, wurde unlängst bei der jährlichen Immobilienmesse in Madrid deutlich: Gegenüber 2007 nahm die Zahl der Aussteller um ein Drittel ab. Auch die Schlangen an den Messeständen waren weniger lang als 2007. "Seit Ende des Sommers ist der Markt sehr, sehr flau", klagt Javier Roca de Togores, der Chef der vornehmlich im Süden Madrids tätigen Bauträgerfirma Zapata. "Wir haben Abstürze von etwa 70 bis 80 Prozent erlebt." Inzwischen sind Maklern zufolge amerikanische und nordeuropäische Immobilienfonds an Spaniens sonnigen Küsten auf Schnäppchenjagd und decken sich günstig mit Apartments ein, die mittlerweile mit Abschlägen zwischen 20 bis 25 Prozent unter dem Einstandspreis zu haben sind. Selbst in der Hauptstadt Madrid kosten Wohnungen jetzt im Durchschnitt zehn bis 15 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

Dank eines Wirtschaftswachstums von durchschnittlich 3,8 Prozent und historisch niedriger Zinsen wurden in den vergangenen zehn Jahren mehr als fünf Mio. Häuser neu hochgezogen. Der Bau war der Motor des spanischen Wachstums und trug zu 20 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die Kreditkrise, die nach Schätzungen des IWF das spanische Wachstum in diesem Jahr auf 1,8 Prozent mehr als halbieren könnte, droht den Häusermarkt zu vereisen.

Roca de Togores sagt, Zapata habe den Preis für Ein-Zimmer-Wohnungen um 40 Prozent auf 145.000 Euro gesenkt. Die in Alicante ansässige Firma TM Grupo bietet Käufern an, im ersten Jahr deren Zinsen zu übernehmen. Das Unternehmen, das an den Küsten Wohnungen verkauft, hat in der vergangenen sechs Monaten einen Einbruch von mehr als einem Drittel verkraften müssen.

Das Bauunternehmen Afirma gibt Käufern 20 Prozent der Anzahlung zurück und will die Differenz zum Kaufpreis übernehmen, wenn der Wert der Immobilie nach fünf Jahren gefallen ist. Die Verkäufe der Firma, deren Vorläuferin Astroc durch geschönte Zahlen die Vertrauenskrise ausgelöst hatte, sind um 40 Prozent gesunken. Grund sei, dass Spekulanten aus dem Markt ausgestiegen seien, sagt Afirma-Verkaufsdirektor Inigo de Carlos. "Der Käufer ist vorsichtiger geworden, schaut genauer hin, entscheidet langsamer. Davor war das egal, weil man das Haus nicht gekauft hat, um es zu behalten, sondern um es in einem Jahr wieder loszuschlagen."

Quelle: ntv.de

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