Vorwürfe gegen Bernanke Staatsanwalt ermittelt
24.04.2009, 13:40 UhrDie Staatsanwaltschaft New York hat schwere Vorwürfe gegen Notenbankchef Ben Bernanke und Ex-Finanzminister Henry Paulson im Zusammenhang mit der Not-Übernahme von Merrill Lynch durch die Bank of America erhoben. Bernanke und Paulson hätten den Bank-of-America-Chef Kenneth Lewis vor die Wahl gestellt, der Fusion entweder zuzustimmen oder seinen Job zu verlieren, erklärte Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo. Ein genaues Bild der Rolle der Fed in dieser Angelegenheit habe sich die Staatsanwaltschaft jedoch noch nicht machen können.
Merrill hatte sich im September aus Furcht vor den Folgen der Finanzkrise in einer überraschenden Nacht-und-Nebel-Sitzung für 50 Mrd. Dollar an die Bank of America verkauft - nur Stunden vor dem Kollaps der Investmentbank Lehman Brothers. Die Fusion war das Ergebnis mehrerer Krisensitzungen binnen Stunden im damals hermetisch abgeriegelten Fed-Gebäude in New York.
Cuomo schrieb seine Erkenntnisse jetzt in einem Brief an den Chef der US-Börsenaufsicht SEC und ranghohe Kongress-Mitglieder. Die Vorgänge spielten sich seinen Angaben zufolge Mitte Dezember 2008 ab - also zwei Wochen vor dem Vollzug der Übernahme. Damals habe Lewis Paulson und Bernanke in Washington getroffen. Während der Treffen sei Lewis gedrängt worden, keinesfalls von dem Übernahmevorhaben abzulassen.
Heikle Absprachen
Lewis sagte Cuomo zufolge aus, Paulson sei der Meinung gewesen, der Merrill-Kauf müsse durchgezogen werden, um ein Desaster an den Finanzmärkten zu verhindern. Paulson und Bernanke hätten ihn zudem gedrängt, über die Verluste von Merrill zu schweigen. Diese waren im Dezember binnen Tagen von neun auf zwölf Milliarden Dollar gestiegen, am Ende lag der Quartalsverlust gar bei 15 Mrd. Dollar. Die Bank of America habe dann am 21. Dezember ihren Versuch abgeblasen, die Fusion doch noch zu verhindern, schrieb Cuomo. Die Bank of America hatte nach dem Vollzug der Fusion zusätzliche Staatshilfen bekommen.
Lewis' Aussage zufolge, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, sagte Paulson zu Lewis, das Management und der Verwaltungsrat der Bank of America werde im Falle einer Ablehnung der Fusion geschasst. Nicht mehr erinnern konnte sich Lewis demnach, ob sich die Drohung auf eine tatsächliche Entscheidung oder nur auf eine entsprechende Absicht Lewis' bezogen habe.
Cuomo zufolge hat Paulson Lewis' Angaben weitgehend bestätigt. "Paulsons Drohung hat Lewis beeinflusst", sagte Cuomo. Der Generalstaatsanwalt schrieb in dem Brief an die SEC und die Politiker zudem, Paulson habe ihn darüber informiert, dass er die Drohung auf Wunsch von Fed-Chef Bernanke ausgesprochen habe.
Vom Bonus zum Fed-Chef
Cuomo soll eigentlich die Umstände der Bonus-Zahlungen im Umfang von 3,6 Mrd. Dollar an Merrill-Manager vor dem Abschluss der Fusion zum 1. Januar 2009 untersuchen. Nun habe die Untersuchung aber auch Fakten aufgedeckt, die Fragen aufwerfen würden im Zusammenhang mit dem Bankenrettungsprogramm TARP sowie den den Grundsätzen der Unternehmensführung und den Offenlegungs-Praktiken bei der Bank of America, schrieb Cuomo in dem Brief.
Eine Sprecherin der Notenbank teilte zu den Vorwürfen mit, niemand von der Fed habe Lewis oder die Bank of America bezüglich Fragen der Offenlegung beraten.
Die Bank of America erklärte, sie habe sich bei der Merrill-Übernahme an die Gesetze gehalten.
Quelle: ntv.de