Nach der Nokia-Entscheidung Subventionen in der Kritik
20.01.2008, 09:25 UhrStaatliche Subventionen zur Förderung von Unternehmensansiedlungen sollten nach Ansicht des EU-Industriekommissars Günter Verheugen abgeschafft werden. Die geplante Schließung des Nokia-Werks in Bochum gebe Anlass, über die staatliche Subventionspolitik insgesamt nachzudenken, sagte der deutsche Vizepräsident der EU-Kommission im Gespräch mit der "Welt am Sonntag". Es habe keinen Sinn, so Verheugen weiter, "dass der Staat Subventionen zahlt, um Unternehmen anzulocken."
Sollten sich Investitionen nur rechnen, wenn mit Steuergeldern nachgeholfen werde, dann sei das immer ein Risiko. Statt privaten Unternehmen Investitionszuschüsse zu geben, sollte das Geld in Bildung, Ausbildung und den Aufbau der Infrastruktur gesteckt werden.
Weitere Werksschließungen möglich
Neben der geplanten Schließung des Nokia-Werks in Bochum drohen der Telekommunikationsindustrie in Deutschland nach Einschätzung des Branchenverbandes Bitkom weitere Stellenstreichungen. "Wir befürchten, dass sich dieser Trend fortsetzt und weitere Arbeitsplätze in der Produktion von Kommunikationstechnik abgebaut werden", sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer der "Bild am Sonntag".
Wenn die Herstellung ins Ausland verlagert werde, wanderten im zweiten Schritt auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ab, fürchtet der Verband. Die Zahl der Beschäftigten in der Herstellung von Kommunikationstechnik ist nach Bitkom-Angaben bereits von 80.000 im Jahr 2000 auf nur noch 57.500 im Jahr 2007 gesunken.
Einen weiteren Rückgang der Industrie-Arbeitsplätze befürchtet auch der Direktor des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. "Generell müssen Industriearbeiter in allen Branchen langfristig um ihre Jobs fürchten", sagte Sinn der Zeitung. Die Herstellung der Vorprodukte mit ihren vielen Arbeitsplätzen gehe in Deutschland mehr und mehr verloren, alle Kraft konzentriere sich auf die Endstufen. Dort entstünden viele Stellen für Ingenieure und Manager, aber nicht mehr genug für die Arbeiter.
Ähnlich äußerte sich der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar. "Konsummassenartikel wie Schuhe, Kleider, günstige Fahrzeuge und einfache Elektrogeräte können in Deutschland nicht konkurrenzfähig hergestellt werden", sagte er dem Blatt. Für die gering qualifizierten Beschäftigten sehe es bitter aus. "Selbst im Wirtschaftsaufschwung sind sie vom Arbeitsplatzverlust bedroht, weil die Jobs in Billiglohnländer abwandern."
Quelle: ntv.de