Unterstützung für Mehdorn Tiefensee lobt Angebot
18.10.2007, 10:00 UhrBundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat sich mit einem "dringenden Appell" in den Lokführerstreik eingeschaltet. "Es geht in diesem Tarifstreit nicht nur um die Interessen der Beschäftigten und des Bahnkonzerns. Es geht hier auch um gewichtige volkswirtschaftliche Auswirkungen", sagte Tiefensee dem "Münchner Merkur" und lobte das jüngste Angebot der Bahn.
"Die Bahn hat der GDL ein Angebot unterbreitet, das eine gute Grundlage ist für weitere Gespräche. Deshalb mein dringender Appell: Es sollte bald zu Gesprächen und dann Verhandlungen kommen", sagte der SPD-Politiker. Die Ergebnisse des Moderationsverfahrens unter Leitung der CDU-Politiker Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf könnten "jetzt gute Ansatzpunkte für eine Lösung sein". Für das Aushandeln des Tarifvertrags seien aber die Tarifpartner verantwortlich.
Im Tarifstreit hatte die Gewerkschaft GDL zuvor mit bundesweiten Streiks im Nahverkehr ihre Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag untermauert. Durch den Ausstand wurde der Nahverkehr am Morgen erheblich beeinträchtigt. Nach GDL-Angaben standen 70 bis 80 Prozent der Züge im Regional- und S-Bahnverkehr still, die Bahn sprach von 40 Prozent. "Im Interesse der Reisenden hoffen wir auf Gespräche, auf ein vernünftiges, verhandlungsfähiges Angebot", sagte GDL-Vize Günther Kinscher. "Ich halte das Verhalten der Bahn für absolut unmöglich", sagte er bei n-tv. Die Bahn bietet lediglich einen Vertrag an. "der uns knebelt, der uns fesselt wie in der Vergangenheit, aus dem wir nicht mehr rauskommen, der über das Ergebnis hinaus, das man mit Transnet abgeschlossen hat, uns überhaupt nichts bietet." Kinscher bezeichnete die Offerte als "Mogelpackung". Die Zahlung von 1.400 Euro zusätzlich sei nur zu erreichen, wenn Lokführer Überstunden angesammelt haben. "Wer in Zukunft mehr haben möchte –die berühmten 5,5 Prozent-, der darf zwei Stunden länger arbeiten. Das ist hier eine Veralberung Deutschlands", sagte Kinscher.
Bahn-Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Rausch rief die GDL auf, die Verhandlungen auf Grundlage des vorliegenden Angebots wieder aufzunehmen. "Wir sitzen quasi schon am Verhandlungstisch und warten, dass die andere Seite besetzt wird." Die Bahn habe ein großzügiges Angebot vorgelegt. "Es kommt kein nächstes", sagte Rausch. Auch informelle Gespräche vor einer neuen Verhandlungsrunde lehnte er ab. "Es macht keinen Sinn, Gespräche zu führen, wenn ein Verhandlungsangebot auf dem Tisch liegt."
Streik zwischen 2.00 und 11.00 Uhr
Die GDL hatte den Regional- und S-Bahnverkehr bundesweit bis 11 Uhr bestreikt. Der Ausstand begann in der Nacht um 2.00 Uhr. Viele Pendler stiegen auf das Auto um, was dem ADAC zufolge vor allem im Münchener Raum für erhebliches Verkehrschaos auf den Straßen führte.
Überdurchschnittlich stark war Ostdeutschland vom Streik betroffen, dort fielen im Schnitt rund 80 Prozent der Regionalzüge aus. Im Fern- oder Güterverkehr gab es ebenfalls Beeinträchtigungen. Der GDL ist es gerichtlich untersagt, in diesem Bereich zu streiken.
Um die Folgen für die Kunden etwas abzumildern setzte die Bahn rund 200 Busse sowie rund zusätzliche 1.000 Mitarbeiter im Servicebereich ein, die Hotline wurde ausgebaut. Für Ersatzfahrpläne sei der Streik zu kurzfristig anberaumt worden. Bahn-Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Rausch sagte: "Es ist unerträglich, dass eine kleine Gruppe von bundesweit rund 1.400 Streikenden versucht, Deutschland lahm zu legen."
"Wir sind bereit zu verhandeln"
Bahn und Gewerkschaft machten sich gegenseitig für die Blockade im Tarifstreit verantwortlich. "Wir sind bereit, zu verhandeln. Wir warten nur darauf, dass die GDL wieder an den Verhandlungstisch kommt", sagte Rausch. Ein Sprecher der Bahn verwies erneut auf das vorliegende Angebot, das die GDL zurückgewiesen hat. "Wir haben ein sehr gutes Angebot mit zehn Prozent Lohnsteigerung gemacht", sagte er. "Wir haben der GDL wiederholt angeboten, Verhandlungen zu führen. Dies wurde jedes Mal vom Tisch gewischt." Umgekehrt wiederholte die GDL ihre Forderung an die Bahn. "Die Bahn soll nun endlich ein Angebot vorlegen, das besser ist als bezahlte Überstunden", sagte eine Sprecherin.
Am Freitag drohen neue Streiks
Da die Bahn kein neues Angebot vorlegen will, drohen am Freitag weitere Streiks. Die GDL hatte dies bereits am Mittwoch angedroht und wollte sich dazu im Laufe des Donnerstags äußern. Die Bahn weiß davon nach eigenen Angaben noch nichts. "Das muss die GDL entscheiden", sagte der Sprecher. Die GDL hat weitere Ausstände auch für kommende Woche angedroht, wenn der Konflikt anhält. Sie fordert weiter einen eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer und deutliche Lohnsteigerungen. Die Bahn lehnt die Forderung nach einem eigenständigen Vertrag ab und will die Tarifeinheit wahren.
Quelle: ntv.de