Furcht vor Lohn-Preis-Spirale Trichet beunruhigt
18.07.2008, 10:19 UhrDie Europäische Zentralbank (EZB) sieht die Gefahr, dass im Euroraum eine Lohn-Preis-Spirale entsteht. "Der jüngste Anstieg der Lohnstückkosten ist ein Indiz, das wir berücksichtigen müssen", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und drei weiteren europäischen Tageszeitungen. "Es gibt also Risiken, denen wir entgegentreten mussten."
"Ich würde aber keinesfalls sagen, dass Zweitrundeneffekte derzeit ein allgemeines Phänomen sind", ergänzte er. Die 320 Millionen Bürger des Euroraums könnten sich aber darauf verlassen, dass der EZB-Rat auf mittlere Frist Preisstabilität wahren werde. Anfang des Monats hatte die EZB ihre Leitzinsen erstmals seit gut einem Jahr wieder erhöht.
Trichet warnte, dass der aktuelle Einkommenstransfer von den Ölverbrauchern hin zu den Ölproduzenten unvermeidbar sei. "Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Haushalte von diesem unvermeidbaren Transfer abzuschirmen: Entweder müssen dann die Unternehmen die Kosten tragen - das schwächt den produktiven Sektor; oder der Staatshaushalt muss die Kosten tragen - das würde die öffentlichen Finanzen dramatisch verschlechtern. Oder man belastet beide."
Die Lehre aus dem Ölpreisschock der 1970er Jahre sei, dass der Versuch, die Haushalte von den unerwünschten Folgen dieser Einkommenseinbußen abzuschirmen, eine Inflationsspirale auslösen könne, die zu Arbeitslosigkeit und Stagnation führe.
Yuan-Aufwertung dringend nötig
Trichet kündigte zudem weitere Gespräche mit der chinesischen Regierung über den Wechselkurs des Yuan an. "Meiner Meinung nach läge eine Beschleunigung der Yuan-Aufwertung im Interesse der chinesischen Partner, weil sie den inflationären Druck in China abmildern würde."
Hinsichtlich der Kreditkrise äußerte sich der EZB-Präsident vorsichtig. Nach seiner Einschätzung gebe es seit dem vergangenen August eine immer noch andauernde sehr beträchtliche Marktkorrektur, mit Phasen von Turbulenzen, mit Phasen hoher Volatilität und hektischem Marktverhalten. "Dieser Prozess dauert an", sagte Trichet.
Quelle: ntv.de