Stuhlmann kommt - vorerst WestLB feuert Fischer
26.07.2007, 12:54 UhrWestLB-Vorstandschef Thomas Fischer stürzt über die millionenschweren Fehlspekulationen bei der drittgrößten deutschen Landesbank. Nachfolger wird der frühere Chef der HSH Nordbank, Alexander Stuhlmann. Der 59-Jährige tritt mit sofortiger Wirkung die Nachfolge von Fischer an. Neben Fischer wurde auch Risikomanager Matthijs van den Adel aus dem Vorstand abberufen.
Grund für den Rauswurf Fischers sind Aktienspekulationen der WestLB im Eigenhandel. Die Banker hatten auf eine unterschiedliche Kursentwicklung der Papiere von VW, Metro und BMW spekuliert. Das Ergebnis sind bislang bekannte Verluste von 240 Mio. Euro. Branchenbeobachter wollen nicht ausschließen, dass sich die gesamte Belastung auf bis zu 500 Mio. Euro addieren kann. Die Bank wirft beteiligten Händlern vor, gegen Regeln verstoßen zu haben. Mehrere Mitarbeiter mussten bereits den Hut nehmen. Der für den Eigenhandel zuständige Vorstand Robert Stein verlässt die Bank zum Monatsende, kürzlich ging IT-Chef Klaus-Michael Geiger.
Stuhlmann will nicht fünf Jahre lang an der Spitze der Bank stehen. Er will den Posten nur für einen "überschaubaren" Zeitraum übernehmen, sagte er. Ursprünglich sollte Stuhlmann nach früheren Angaben der WestLB das Großkundengeschäft der Bank übernehmen. Stuhlmann hatte seinen Posten bei der HSH Nordbank überraschend geräumt und dies mit seiner persönlichen Lebensplanung begründet. Nach seinem Rücktritt hatte er erklärt, er wolle wieder in der Finanzbranche arbeiten, aber keine mehrjährige operative Verwantwortung mehr übernehmen.
Skandal zur Unzeit
Für die WestLB kommen die Turbulenzen zur Unzeit. Wollte Fischer die Konsolidierung unter den Landesbanken vorantreiben, könnte das Institut nun zum Gejagten werden. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) strebt eine Fusion mit dem Düsseldorfer Institut an.
An der Aufsichtsratssitzung, die kurzfristig einberufen worden war, nahm auch der Chef der deutschen Bankenaufsicht BaFin, Jochen Sanio, teil. Die Behörde hatte einen Zwischenbericht von Sonderprüfern zu den umstrittenen Aktiengeschäften der WestLB an den Aufsichtsrat geschickt. Die BaFin soll nach unbestätigten Berichten gravierende Managementfehler bei ihren Untersuchungen festgestellt haben.
In den vergangenen Tagen hatte es bereits Spekulationen über einen möglichen Nachfolger für Fischer gegeben. Zugetraut wird der schwierige Job demnach dem Vorstandschef der Landesbank Berlin, Hans-Jörg Vetter. Auch der Chef der kommunal- und landeseigenen Förderbank NRW.BANK, Ulrich Schröder, wurde in Medienberichten genannt. Diese Variante gilt jedoch als unwahrscheinlich.
Die Bankenaufsicht BaFin hatte bereits schon einmal bewirkt, dass WestLB-Vorstände gingen. Mitte 2003 musste der damalige Bankchef Jürgen Sengera seinen Hut nehmen, nachdem die Bankenaufsicht gravierende Mängel in der Risikokontrolle der Düsseldorfer Großbank festgestellt hatte. Über einen längeren Zeitraum wurde nach Sengeras Abgang fast der gesamte Vorstand ausgewechselt. Dem heutigen WestLB- Vorstand wird vorgeworfen, Informationspflichten verletzt zu haben.
Unruhe auch bei RWE
Der Abgang Fischers dürfte auch beim Essener Energiekonzern RWE für Unruhe sorgen, dessen Aufsichtsrat Fischer führt. Dass er an der Spitze des Kontrollgremiums bleibe, wenn die Vorwürfe zuträfen, gilt als schwer vorstellbar. RWE hat sich einer Stellungnahme dazu bislang enthalten. Ein Sprecher verwies darauf, dass Fischer noch bis 2011 gewählt sei. Es handele sich um ein persönliches Amt und nicht um einen Posten, den Fischer als Vorstandschef der WestLB übernommen habe.
Unter Fischers Führung hatte der Aufsichtsrat im Februar überraschend den bis 2008 laufenden Vertrag von RWE-Chef Harry Roels nicht verlängert. Stattdessen soll der Stahlunternehmer Jürgen Großmann den Versorger steuern, der als Fischers Wunschkandidat galt.
Quelle: ntv.de