Trübe Aussichten ZEW-Index bricht ein
17.06.2008, 12:44 UhrDie deutlich steigenden Preise für Lebensmittel und Energie haben die Konjunkturerwartungen der Finanzexperten einbrechen lassen. Wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag in Mannheim mitteilte, fielen die ZEW-Konjunkturerwartungen im Juni deutlich auf einen Wert von minus 52,4 Punkten. Dies waren 11,0 Punkte weniger als der Mai-Wert 41,4 Punkte und bedeutet den tiefsten Stand seit Dezember 1992.
Nach den Worten von ZEW-Präsident Wolfgang Franz sorgten neben den anhaltend hohen Preissteigerungen auch rückläufige Auftragseingänge der Unternehmen bei den befragten Finanzexperten für den Eindruck, die Konjunktur schwäche sich ab. Außerdem dürften sich nach dieser Einschätzung die Kreditkonditionen für Unternehmen verschlechtern, was ebenfalls die Aussichten für die deutsche Wirtschaft eintrübt.
An der Umfrage beteiligten sich von Anfang bis Mitte Juni 264 Analysten und institutionelle Anleger. Diese schätzten die aktuelle konjunkturelle Lage laut ZEW etwas schlechter ein, der entsprechende Indikator sank um 1,0 Punkte auf 37,6 Punkte. Damit bewerteten sie die aktuelle Lage aber immer noch deutlich besser als im Dezember 1992. Obwohl der Juni-Stand der niedrigste seit damals ist, sei die aktuelle Ausgangsposition dennoch deutlich besser als damals, sagte eine ZEW-Sprecherin.
Die Erwartungen für die Eurozone verschlechterten sich laut ZEW ähnlich deutlich wie die für Deutschland, hier brach der Indikator um 9,1 Punkte gegenüber Mai ein und erreichte nun minus 52,7 Punkte. Die Lage im Euroraum bewerteten die Finanzexperten um 3,5 Punkte schlechter als im Mai, der Indikator dort liegt nun bei 7,9 Punkten.
Zinsangst belastet
ZEW-Präsident Franz sieht die von der EZB für Juli signalisierte geldpolitische Straffung als Stimmungsbremse. "Die Kreditkonditionen für Unternehmen dürften sich in Folge der Finanzkrise und der erwarteten Zinserhöhung der EZB verschlechtern", sagte Franz. Auch die zuletzt fünf Monate in Folge gesunkenen Industrieaufträge ließen auf eine schwächere Konjunkturdynamik im nächsten halben Jahr schließen, sagte der ZEW-Chef zu der monatlichen Umfrage unter 264 Börsianern. Zudem hätten die anhaltenden Preisschübe den Konsumenten Kaufkraft entzogen.
Das hatte EZB-Präsident Trichet dazu bewegt, eine Zinserhöhung ins Auge zu fassen, um die Inflation mittelfristig wieder in den Griff zu bekommen. Die EZB sieht bei einer Teuerung von mittelfristig knapp unter zwei Prozent stabile Preise gewährleistet. Im Mai war sie in der Euro-Zone jedoch auf den Rekordwert von 3,7 Prozent hochgeschnellt.
Mit steigenden Leitzinsen wird jedoch auch die Fremdfinanzierung für Unternehmen teurer, was die Börsenkurse drücken könnte. Die signalisierte Zinserhöhung habe den Börsianern daher einen kräftigen Schock versetzt, sagt DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. "Die Stimmung der Analysten ist nahe am Gefrierpunkt." Gleichwohl seien die Zahlen mit Vorsicht zu genießen. Das ZEW-Barometer sei ein Indikator für die Stimmung an den Märkten, nicht unbedingt für die konjunkturelle Entwicklung. "Die Unternehmen werden das Zinssignal Trichets sicherlich gelassener sehen, was man wohl am kommenden Ifo-Index ablesen kann", sagte Scheuerle. Für die am Montag anstehenden Daten zum Geschäftsklima erwarten Experten nur einen leichten Rückgang des Index um 1,2 auf 102,3 Punkte.
Quelle: ntv.de