Schmeckt gar nicht Alzheimer durch fettreiche Diät verhindern?
24.05.2014, 06:25 Uhr
Eisbein ist zwar fettig, hat aber nichts mit ketogener Diät zu tun.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vor Alzheimer und Schlaganfall haben viele Menschen große Angst. Die Erkrankungen können jeden plötzlich zum Pflegefall machen. Die Schäden im Gehirn sind oft irreversibel. Forscher prüfen deshalb zahlreiche Stoffe, die auch präventiv wirken könnten.
Essen macht Spaß, satt und unter Umständen auch dick. Aber Nahrung kann noch viel mehr. Eine bestimmte Zusammensetzung des Essens hat Auswirkungen auf das Gehirn. Die sogenannte ketogene Diät wird seit Jahrzehnten als Therapieform für bestimmte Menschen mit Epilepsie erfolgreich angewendet. Die fettreiche Kost soll nun auch vor Entzündungen im Gehirn schützen, die eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Alzheimer und Schlaganfällen spielen. Wie genau das geschieht, das können Forscher der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Markus Schwaninger, Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie zu Lübeck erklären.
"Wir konnten zeigen, dass sich Ketonkörper an einen bestimmten Rezeptor (HCA2) an der Entzündungszelle ankoppeln und diese so umwandeln, dass die Entzündungzelle dann eher schützend als zerstörend wirkt", erläutert Schwaninger in einem Gespräch mit n-tv.de. Bisher konnte dieser Mechanismus in Tests mit Zellkulturen und Mäusen beobachtet werden. Die klinischen Untersuchungen am Menschen stehen noch aus. Die hilfreichen Ketonkörper bilden sich im menschlichen Körper, wenn sich dieser in einer Art Hungerzustand befindet.
Dieser Effekt wird durch die ketogene Diät, die zu 80 Prozent aus Fett besteht, ausgelöst. Der Körper baut im Hungerzustand Fettsäuren zu Ketonkörpern um, damit das Gehirn ausreichend mit Energie versorgt wird. Das Ausgangsmaterial kann aus Fettdepots im Körper oder aus der fettigen Nahrung stammen. Der positive Effekt auf das Gehirn gelingt allerdings nur, wenn langfristig und konsequent die ketogene Diät eingehalten wird. "Zwei Mal im Jahr zu fasten, reicht nicht aus, um den Wirkmechanismus von Ketonkörpern herzustellen", weiß Schwaninger.
Ketogene Diät ist unbeliebt
Das Problem: So eine Diät macht weder Spaß noch schmeckt sie. Die ketogene Diät ist also kein Mittel, um viele Menschen vor Alzheimer zu schützen oder zu behandeln. Diese Tatsache ist den Forschern bewusst. Sie nehmen deshalb weitere Wirkstoffe unter die Lupe. Ein vielversprechender ist die Nikotinsäure, die sich ebenso wie Ketonkörper am HCA2-Rezeptor der Entzündungszelle andockt und so den Tod von Hirngewebe verhindern kann.
Nikotinsäure wird bereits seit vielen Jahrzehnten zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt. Als Prävention gegen Entzündungen im Gehirn könnte der Wirkstoff in Zukunft ein Comeback feiern. Tatsächlich wurde Nikotinsäure schon in den 50er-Jahren bei akutem Schlaganfall unter der Vorstellung verwendet, dass es zu einer Gefäßerweiterung im Gehirn führt. Später hatte sich aber herausgestellt, dass die Gefäßerweiterung nur auf die Haut beschränkt ist. "Auch wenn Nikotinsäure nicht die Durchblutung des Gehirns steigert, hat es doch einen Effekt beim Schlaganfall und möglicherweise auch bei anderen neurologischen Erkrankungen", erklärt Schwaninger.
Nikotinsäure ist in vielen Lebensmitteln wie Geflügel, Wild, Fisch, Pilzen und Eiern vorhanden. Frauen benötigen 13 bis 15 Milligramm und Männern 15 bis 20 Milligramm um den täglichen Bedarf zu decken. Um allerdings die gewünschten Wirkungen im Gehirn zu haben, müsse man die Nikotinsäure im Grammbereich zu sich nehmen, so der Experte weiter. Doch auch Nikotinsäure hat Nebenwirkungen. "Sie macht bei einigen Patienten kurz nach der Einnahme einen roten Kopf", erklärt Schwaninger, der mit seinem Team weiterhin nach geeigneten Wirkstoffen und Therapien gegen Alzheimer und Schlaganfall sucht.
Quelle: ntv.de