Gleiche Herkunft wie MERS-Erreger Auch Erkältungsviren stammen von Kamelen
16.08.2016, 20:58 Uhr
Erkältungsviren haben ihren Ursprung in Kamelen – genau wie MERS.
(Foto: picture alliance / dpa)
Viele Krankheiten, die per Erreger von Tieren auf den Menschen übertragen werden, können nur schwer therapiert werden, wie die gefürchtete Lungenkrankheit MERS. Bei der Suche nach MERS-Viren in Kamelen finden Forscher auch etwas Unerwartetes.
Es ist ein Zufallsfund, den Wissenschaftler bei der Untersuchung von rund 1000 Kamelen machen: Das Team um Professor Christian Drosten vom Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn findet nicht nur nach den gesuchten MERS-Viren, sondern stößt auch auf Erkältungsviren, die Menschen krank machen. "Im Rahmen von Untersuchungen zu MERS haben wir zirka 1000 Kamele auf Coronaviren untersucht und bei knapp sechs Prozent haben wir erstaunlicherweise auch Erreger entdeckt, die mit dem menschlichen Erkältungsvirus 'HCoV-229E' verwandt sind", erklärt Drosten. Weitere molekulargenetische Vergleichsuntersuchungen zwischen Erkältungsviren in Fledermäusen, Menschen und Dromedaren legen nun den Schluss nahe, dass der Erkältungserreger tatsächlich von Kamelen auf den Menschen übertragen wurde – genauso wie der MERS-Erreger.
Im Gegensatz gelingt es dem menschlichen Immunsystem, die Kamel-Viren genauso abzuwehren wie die anderen menschlichen Erkältungsviren auch. Tests mit humanem Serum und den tierischen Erkältungsviren haben darüber hinaus gezeigt, dass von ihnen keine unmittelbare Epidemie-Gefahr mehr für den Menschen ausgeht, denn die menschliche Bevölkerung ist durch die weite Verbreitung des Erkältungsvirus HCoV-229E weitgehend immun.
Entwarnung für Infektionen mit MERS?
"Das MERS-Virus ist ein rätselhafter Erreger: Immer wieder gibt es kleinere Ausbrüche, die lokal zum Beispiel auf eine Klinik begrenzt sind. Das Virus ist glücklicherweise noch nicht gut genug an den Menschen angepasst, so dass es sich bisher nicht weltweit verbreiten kann", erklärt Drosten weiter. Die nun vorliegenden Untersuchungen zu Vorläuferviren des menschlichen Erkältungsvirus HCoV-229E im Kamel ergeben ein Bild, das mit der derzeitigen Situation bei MERS durchaus vergleichbar ist. Auch diese Vorläuferviren sind nicht optimal auf den Menschen angepasst.
Bedenklich ist allerdings, dass die weltweite Verbreitung von HCoV-229E von Mensch zu Mensch erfolgt ist, mit großer Wahrscheinlichkeit im Rahmen einer vergangenen Pandemie. "Mit unserer aktuellen Studie liefern wir ein Warnsignal im Hinblick auf die Pandemiegefahr durch MERS – denn was HCoV-229E geschafft hat, kann MERS vielleicht auch." Es besteht also Handlungsbedarf. Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Infektionsforschung arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Erforschung eines Impfstoffs gegen MERS. Dieser soll Anfang nächsten Jahres in die klinische Prüfung gehen.
Quelle: ntv.de, jaz