Gedächtnistest für zu Hause Einfache App hilft, Alzheimer früh zu erkennen
04.04.2024, 15:55 Uhr Artikel anhören
Die App erkennt Alzheimer-Symptome über einfache Tests.
(Foto: neotiv/kwe)
Eine Studie bestätigt, dass mithilfe einer Smartphone-App Anzeichen einer möglichen Alzheimer-Erkrankung auch ohne ärztliche Hilfe mit hoher Genauigkeit erkannt werden können. Eine entsprechende Anwendung wird bereits in Arztpraxen angeboten.
Forschende des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben gemeinsam mit dem Magdeburger Unternehmen neotiv eine App entwickelt, mit der man unkompliziert leichte kognitive Beeinträchtigungen (Mild Cognitive Impairment/MCI), die auf eine Alzheimer-Erkrankung hindeuten können, erkennen kann. Eine deutsch-amerikanische Studie bestätigt, dass dies mit hoher Genauigkeit funktioniert.
Dass Gedächtnistests zur Früherkennung einer Alzheimer-Erkrankung durchgeführt werden, ist nicht neu. Die untersuchten Personen müssen dabei schriftlich oder im Zwiegespräch standardisierte Aufgaben lösen: sich zum Beispiel Wörter merken und wiederholen, spontan möglichst viele Begriffe zu einem bestimmten Thema nennen oder nach Vorgaben geometrische Figuren zeichnen. Diese Tests werden allerdings grundsätzlich unter Anleitung einer medizinischen Fachkraft durchgeführt, sie können nicht alleine, etwa zu Hause durchgeführt werden.
Frühzeitige Diagnose wichtig
Es habe aber Vorteile, solche Tests selbstständig ohne Aufsicht durchführen zu können, sagt Neurowissenschaftler Emrah Düzel. Sie würden "helfen, klinisch relevante Gedächtnisstörungen im Frühstadium zu erkennen und Krankheitsverläufe engmaschiger zu erfassen, als es heute möglich ist. Angesichts jüngster Entwicklungen in der Alzheimer-Therapie und neuer Behandlungsmöglichkeiten wird eine frühzeitige Diagnose immer bedeutsamer." Düzel ist auch "Chief Medical Officer" von neotiv.
"Enormes Potenzial"
"Diese Technologie hat ein enormes Potenzial, Ärztinnen und Ärzten Informationen zur Verfügung zu stellen, die sich bei einem Patientenbesuch in der Klinik nicht ermitteln lassen", sagt David Berron. Er ist Forschungsgruppenleiter am DZNE und Mitbegründer von neotiv.
Die Nützlichkeit der App wurde durch eine Studie mit 199 Frauen und Männern in den USA und Deutschland von Forschenden der DZNE und der University of Wisconsin-Madison bestätigt. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren gesunde Personen und solche mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen. Andere empfanden subjektiv, aber nicht messbar Gedächtnisbeschwerden.
Die Wissenschaftler führten etablierte Diagnoseverfahren durch und verglichen sie mit den Ergebnissen von Tests, die die Probanden selbstständig mit der auf ihren Smartphones oder Tablets installierten neotiv-App durchführten. Im Wesentlichen geht es bei den Tests darum, sich Bilder zu merken oder Unterschiede zwischen Bildern zu erkennen, die von der Anwendung eingeblendet werden.
Einfache Tests
Zum Beispiel zeigt die App einen Raum, in dem sich verschiedene Gegenstände befinden. Die Probanden werden im nächsten Schritt aufgefordert, sich die Gegenstände sowie deren Position im Raum zu merken. Dann müssen sie die Gegenstände über den Touchscreen angezeigten Positionen zuordnen.
"Die Testung mit der neotiv-App ist interaktiv und umfasst drei Arten von Gedächtnisaufgaben", erklärt Düzel. "Damit werden jeweils unterschiedliche Bereiche des Gehirns angesprochen, die in verschiedenen Phasen einer Alzheimer-Erkrankung betroffen sein können. Dahinter steckt langjährige Forschungsarbeit."
Die Studie ergab zum einen, dass die App unkompliziert und benutzerfreundlich ist. Die meisten Teilnehmer hätten die digitalen Aufgaben eigenständig erledigen können, sagt Lindsay Clark von der University of Wisconsin-Madison. Sie seien auch mit den Aufgaben und der digitalen Plattform zufrieden gewesen.
App beweist Nützlichkeit
Vor allem aber habe die Studie bestätigt, dass sich mit der App Gedächtnisbeschwerden aussagekräftig beurteilen ließen, sagt Emrah Düzel. "Deuten die Ergebnisse des digitalen Tests darauf hin, dass eine für MCI typische Gedächtnisstörung vorliegt, ebnet dies den Weg für weitere klinische Untersuchungen. Weisen die Testergebnisse darauf hin, dass die Gedächtnisleistung im altersspezifischen Normalbereich liegt, kann man vorerst Entwarnung geben."
Als Nächstes soll die Test-App an noch größeren Studiengruppen und über längere Zeiträume erprobt werden. "Informationen darüber, wie schnell das Gedächtnis mit der Zeit nachlässt, sind für Ärzte und Patienten wichtig", sagt David Berron. "Sie sind auch für klinische Studien relevant, da neue Behandlungen darauf abzielen, die Geschwindigkeit des kognitiven Abbaus zu verlangsamen."
Quelle: ntv.de, kwe