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Erste Hinweise im Labor Ist Schlaflosigkeit nur geträumt?

Einige Menschen schlafen mehr, als sie glauben.

Einige Menschen schlafen mehr, als sie glauben.

(Foto: imago/Westend61)

Menschen, die unter Schlaflosigkeit leiden, sind gereizt, müde und antriebslos. Aber im Labor gibt es relativ selten wirklich durchwachte Nächte. Um zu klären, wo die gefühlte Schlaflosigkeit herkommt, wecken Forscher ihre Probanden absichtlich aus der Traumphase auf.

Man wälzt sich stundenlang hin und her, Gedanken kreisen im Kopf und die Angst steigt, auch am nächsten Tag todmüde zu sein. Schlaflosigkeit belastet und senkt die Lebensqualität. Betroffene, deren Schlaflosigkeit in Laboren untersucht wird, schlafen allerdings rund 80 Prozent des normalen Pensums. Forscher des Universitätsklinikums Freiburg wollten wissen, wie diese Unstimmigkeit zwischen gefühlter und gemessener Schlaflosigkeit entsteht.

REM-Schlafphase

Rapid Eye Movement wird kurz auch als REM-Schlafphase bezeichnet. Während dieser Phase schlägt das Herz schneller, Atemfrequenz und Blutdruck steigen und die Augen bewegen sich schnell hinter den geschlossenen Lidern hin und her, was der Schlafphase ihren Namen verleiht.

Im REM-Schlaf wird am meisten und am intensivsten geträumt. Obwohl der Muskeltonus im ganzen Körper herabgesetzt ist, nimmt die Aktivität im Gehirn messbar zu. Schlafforscher gehen dafür aus, dass die REM-Phase für die Erholung der Psyche notwendig ist.

Sie untersuchten deshalb den Schlaf von 27 Personen mit schweren Schlafstörungen und 27 gesunden Probanden. Die Studienteilnehmer konnten sich in den ersten beiden Nächten an die Umgebung im Schlaflabor gewöhnen. In den beiden folgenden Nächten wurden sie von den Forschern mit einem Signalton aufgeweckt und zwar ganz gezielt in der sogenannten REM-Phase des Schlafes, die auch als Traumphase bezeichnet wird.

Die Studienteilnehmer hatten die Aufgabe, sobald sie wach waren, einen Knopf zu drücken. Sie wurden kurz darauf im noch dunklen Raum vom Studienpersonal gefragt, ob sie vor dem Ertönen des Wecksignals wach waren oder geschlafen hatten. "Obwohl alle Probanden aus dem Traumschlaf geweckt wurden, war sich jeder sechste Proband mit Schlafproblemen sicher, wachgelegen zu haben", sagt Dr. Bernd Feige, Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Gesunde Probanden wähnten sich hingegen fast nie wach.

Geträumtes Wachsein

Bei der weiteren Befragung der Studienteilnehmer nach der letzten Erinnerung zeigte sich: Die meisten Probanden, die angaben, vor dem Wecksignal wach gewesen zu sein, berichteten von Gedanken darüber, nicht schlafen zu können. Für die Forscher ist das ein wichtiger Hinweis auf eine Verbindung zwischen Schlafstörung und Trauminhalten. "Offensichtlich bauen manche Menschen die Sorge vor einer Schlafstörung in ihre Träume ein. Sie träumen also 'nur' von einer Schlafstörung", erklärt Feige. 

"Ganz wichtig ist: Für die Belastung der Patienten macht es keinen Unterschied, ob die Schlafstörung objektiv messbar oder nur im Traum vorhanden ist. Aber die Erkenntnis gibt uns wertvolle Hinweise zur Behandlung der Schlafstörung", betont Studienleiter Professor Dieter Riemann, der auch Sprecher des Schlafmedizinischen Zentrums ist. Für die Forscher ist denkbar, dass in Zukunft etablierte Traumtherapien Betroffenen helfen können oder auch Medikamente, die auf eine Stärkung der Traumphase abzielen, als wirksame Therapie eingesetzt werden können.

Schlafstörungen und Schlaflosigkeit können zu einer schweren Krankheit werden, die das Risiko für andere schwere Erkrankungen wie Depressionen oder Schlafanfälle erhöht. Patienten mit Schlafstörungen sind oftmals leistungsorientiert, fokussiert und geplant. "Genau diese Strategie funktioniert aber beim Schlaf nicht. Schlaf kommt, wenn man sich von Erwartungen löst", so Riemann. 

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachmagazin "Sleep".

Quelle: ntv.de, jaz

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