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"Entzückendes" Muster im Himmel Sonnensturm sorgt für nie gesehenes Phänomen

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Seltenes Schauspiel über den Alpen: In der Nacht auf den 11. Mai 2024 waren sogar über Zell am See Polarlichter zu sehen.

Seltenes Schauspiel über den Alpen: In der Nacht auf den 11. Mai 2024 waren sogar über Zell am See Polarlichter zu sehen.

(Foto: picture alliance / EXPA / APA / picturedesk.com)

Ein Sonnensturm sorgt im Mai für spektakuläre Polarlichter. Er hinterlässt auch deutliche Spuren in der Hochatmosphäre. Forscher entdecken auf Aufnahmen eines Satelliten nun einen Wirbel über der Nordhalbkugel der Erde - und rätseln, ob er einzigartig ist.

Ein ungewöhnlich starker Sonnensturm hatte im Mai die Erde getroffen. Polarlichter waren in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai nicht nur über Mitteleuropa und Nordamerika zu sehen, sondern sogar von Teneriffa aus. Der Sonnensturm sorgte nicht nur für spektakuläre Leuchterscheinungen, sondern auch für deutliche Veränderungen in der Hochatmosphäre, wie ein US-Forschungsteam im Fachblatt "Geophysical Research Letters" berichtet. Auf Aufnahmen des Spezialsatelliten GOLD entdeckte die Gruppe dabei einen nie zuvor beobachteten Wirbel über der Nordhalbkugel.

Scott England von der Virginia State University, der maßgeblich an den Beobachtungen beteiligt war, spricht von einem "entzückenden wirbelförmigen Muster". Einen solchen Wirbel habe man noch nie zuvor gesehen. Laut England führen die an den magnetischen Polen der Erde herabströmenden elektrisch geladenen Teilchen eines Sonnensturms nicht nur zu den Polarlichtern, sondern heizen die Atmosphäre dort stark auf. "Die erhitzte Luft dehnt sich aus und strömt von den Polen weg in Richtung Äquator", so England, wodurch sich der beobachtete Wirbel bildet.

Größter Sonnensturm seit 20 Jahren

Unsere Sonne ist derzeit besonders aktiv und zeigt viele dunkle Flecken - kühlere Regionen - auf ihrer Oberfläche. Über diesen Flecken kann es zu plötzlichen Veränderungen des Magnetfelds kommen, die große Mengen an geladenen Teilchen ins Weltall schleudern. Am 10. Mai katapultierte die Sonne gleich sieben solcher koronalen Massenauswürfe Richtung Erde und löste den größten Sonnensturm seit 20 Jahren aus.

Obwohl die Erde durch ihr Magnetfeld vor elektrisch geladenen Teilchen aus dem Weltall geschützt ist, gerät dieser Schutz bei einem Sonnensturm ins Wanken. Viele Teilchen gelangen entlang der magnetischen Feldlinien zu den Polen und lösen, wenn sie in der Hochatmosphäre auf Luftmoleküle treffen, die Polarlichter aus. Doch die Stürme führen auch zu starken Schwankungen des irdischen Magnetfelds, die elektrische Ströme auslösen können.

Mögliche Folgen sind Störungen in den Bereichen Kommunikation, Navigation und Energieversorgung. Beim Sonnensturm im Mai kam es insbesondere im Mittleren Westen der USA zu Stromausfällen und Navigationsproblemen. So gerieten etwa automatisch fahrende landwirtschaftliche Maschinen vom Kurs ab.

Spezialkamera macht Wirbel sichtbar

Auch die Lufthülle der Erde leidet unter einem Sonnensturm. England und seine Kollegen beobachteten die Auswirkungen des Sonnensturms auf die obere Atmosphäre mithilfe des 2018 gestarteten Satelliten GOLD. Der Name steht für "Global-scale Observations of the Limb and Disk" (globale Beobachtungen des Planetenrandes und der Erdscheibe). GOLD nutzt eine Ultraviolett-Kamera, deren Bilder den Forschenden die Temperatur und die Bewegung der Luft in der Hochatmosphäre zeigen. So entdeckten sie die Aufheizung an den Polen und den Wirbel.

"Unsere Beobachtungen werfen die Frage auf, ob wir mit diesem Wirbel etwas Einzigartiges entdeckt haben, das sich nur bei diesem Sonnensturm gebildet hat", so England, "oder ob wir aufgrund besserer Instrumente auf etwas gestoßen sind, das bei jedem Sonnensturm auftritt." Da in den kommenden Monaten mit weiteren Eruptionen auf der Sonne zu rechnen ist, hoffen die Forscher, diese Frage bald mithilfe weiterer GOLD-Beobachtungen beantworten zu können.

Quelle: ntv.de, Rainer Kayser, dpa

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