Politik

Massaker in Marienburg 1800 Tote in Massengrab

In der nordpolnischen Stadt Marienburg (Malbork) sind aus einem Massengrab die sterblichen Überreste von rund 1800 Menschen geborgen worden, bei denen es sich höchstwahrscheinlich um deutsche Zivilisten handelte.

Die Männer, Frauen und Kindern kamen nach Angaben der Stadt Ende des Zweiten Weltkriegs beim Vormarsch der Roten Armee 1945 ums Leben. Ein Teil der Opfer wurde erschossen, alle wurden nackt verscharrt. Das Massengrab im Stadtzentrum war Ende Oktober bei Bauarbeiten für ein Luxushotel entdeckt worden. "Seitdem haben wir rund 1800 Leichen exhumiert, die - dessen sind wir so gut wie sicher - ehemalige Einwohner von Malbork waren", sagte der Stadtsekretär Piotr Szwedowski der Nachrichtenagentur AFP. Marienburg gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zum deutschen Ostpreußen.

Ein Teil der Opfer muss laut Szwedowski mit Schusswaffen getötet worden sein. "Etwa jeder zehnte Schädel weist Kugeleinschüsse auf." Polnischen Presseberichten zufolge könnten die ehemaligen Einwohner von Marienburg Opfer von Massenerschießungen durch die Rote Armee geworden sein.

Keine Kleidung, keine Zahnprothesen

"Alle wurden nackt begraben, ohne Schuhe, ohne Kleidung, ohne persönliche Objekte. Die Metalldetektoren haben bei den Ausgrabungen nichts gefunden, nicht einmal Zahnprothesen oder Brücken", erläuterte Szwedowski. Ein Teil der Opfer sei bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad in dem sehr kalten Winter 1945 möglicherweise erfroren oder im Artilleriebeschuss ums Leben gekommen, sagte Szwedowski.

Die ersten Leichen waren am 28. Oktober nur rund 300 Meter vom mittelalterlichen Schloss des Deutschen Ordens entfernt gefunden worden, einer der größten Touristenattraktionen Polens. Die Leichen waren laut Szwedowski sehr chaotisch in einen großen Krater geworfen worden, der durch eine Granatenexplosion entstanden war.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft von Marienburg hat Ermittlungen eingeleitet. Die Exhumierungsarbeiten seien noch nicht abgeschlossen, aber wegen der großen Kälte unterbrochen worden, sagte ihr Leiter Waldemar Zduniak der AFP. Sie werden fortgesetzt, sobald die meteorologischen Bedingungen es erlauben. Es sei gut möglich, dass noch weitere Leichen gefunden würden, sagte der Staatsanwalt.

Vor dem Zweiten Weltkrieg zählte Marienburg rund 30.000 Einwohner. Beim Anrücken der Roten Armee erhielten die deutschen Einwohner den Befehl, die Stadt zu verlassen. Rund 3500 Zivilisten blieben trotzdem. 1840 ehemalige deutsche Einwohner der Stadt galten seither als vermisst, wie der Büroleiter der deutschen Minderheit in Marienburg, Jerzy Fryc, sagte. Er berief sich dabei auf Angaben des deutschen Heimatkreises Marienburg.

Marienburg war im Frühjahr 1945 Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen der Roten Armee und der deutschen Wehrmacht, bei denen die Festungsanlage der Ordensritter zu großen Teilen zerstört wurde. Die Polen bauten sie wieder auf, heute gehört die Backsteinburg zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Quelle: ntv.de

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