Politik

De Maizière besucht die Truppe Anti-Guttenberg am Hindukusch

Kein Starkult: Verteidigungsminister de Maizière im Feldlager Kundus.

Kein Starkult: Verteidigungsminister de Maizière im Feldlager Kundus.

(Foto: dapd)

Das nervöse Kichern der jungen Soldatinnen wird Verteidigungsminister de Maizière kaum vermisst haben. Einiges ist anders beim Besuch des Guttenberg-Nachfolgers. Die klare Sprache pflegt jedoch auch der neue Minister.

Dunkler Anzug statt Outdoorjacke, blaue Krawatte auf Hemd statt Bundeswehr-T-Shirt, schwarze Straßenschuhe statt Wüstenboots: Mit seinem Auftritt am Hindukusch könnte sich der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière kaum deutlicher von seinem Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg unterscheiden. Wo der neue Minister gelassen aus dem Militärflugzeug steigt, sprang sein Vorgänger energisch ins Freie, wo der neue eigentlich zuerst die fast vergessenen Soldaten im Balkaneinsatz besuchen wollte, drängte es den alten immer wieder an die schlagzeilenträchtige Front im Hindukusch. Auch an dem von Guttenberg eingeführten Zwei-Monatsrhythmus bei den Besuchen in Afghanistan dürfte sich de Maizière nicht gebunden fühlen.

Frühstück in Kundus.

Frühstück in Kundus.

(Foto: dapd)

Die Soldaten empfangen ihren neuen obersten Chef auch ruhiger als seinen Vorgänger, um den sich in den staubigen Feldlagern ein regelrechter Starkult entwickelt hatte - Blitzlichtgewitter und nervös kichernde junge Soldatinnen inklusive. Ganz anders bei de Maizière: Als er im größten Camp in Masar-i-Scharif beim Grillabend in einem Innenhof zu seiner Rede ansetzt, sind weniger Soldaten gekommen als früher, und sie hören ihm einfach nur ruhig zu. Und obwohl sich viele von ihnen mit dem neuen Minister fotografieren lassen: Der Starkult ist vorbei.

Reform noch immer unklar

"Guttenberg war einfach ein sympathischer Typ. Er hat mit den Medien gespielt und wusste sich zu verkaufen", sagt ein Soldat etwas wehmütig. Der junge Politiker sei dynamischer gewesen und habe die Truppe besser motiviert. Andere kritisieren, de Maizière sei in seiner Rede zu wenig auf die Bundeswehrreform eingegangen, obwohl die Umbrüche existenzielle Folgen für die Soldaten hätten und die Truppe unter der Unklarheit leide. Allerdings stehe auch ihm die Hundert-Tage-Frist zu, ehe man ein Urteil über ihn fällen dürfe.

An Äußerlichkeiten jedenfalls macht die Truppe ihr Urteil über den neuen Minister nicht fest. "Er ist der Minister, kein Soldat. Ich erwarte nicht, dass er sich kleidet wie wir. Das wäre geschauspielert", sagt ein Soldat in Masar-i-Scharif. "Ob ein Verteidigungsminister seine Gattin hierher mitbringt - davon haben wir hier gar nichts", erklärt ein anderer. Und de Maizière sei zwar mehr ein Beamter als Guttenberg, aber vielleicht sei es auch gar nicht schlecht, wenn er manche Dinge an der Reform noch einmal überprüfe. Auf jeden Fall müsse de Maizière wie Guttenberg weiter dafür sorgen, dass die Truppe eine angemessene Ausrüstung erhalte.

Klare Worte

Vorgänger Guttenberg im Juli 2010 im Feldlager in Kundus vor der Panzerhaubitze 2000.

Vorgänger Guttenberg im Juli 2010 im Feldlager in Kundus vor der Panzerhaubitze 2000.

(Foto: picture alliance / dpa)

In den Lagebriefings in Kundus, Masar-i-Scharif und Kabul jedenfalls legt de Maizière schon einmal zielsicher den Finger auf die Wunde: Ob die Soldaten jetzt endlich genügend "Fuchs"-Radpanzer hätten, wie dringend der lange ausstehende Kampfhubschrauber "Tiger" benötigt werde, ob das Internet - die wichtigste Verbindung der Soldaten zu ihren Familie - funktioniere und wie es mit den Funkgeräten der afghanischen Armee ausschaue, fragt der Minister. So erfährt er unter anderem, dass die afghanischen Kommandeure ihre Truppen am liebsten per Handy führen. Und wie Guttenberg, der das Wort "Krieg" etablierte, findet auch de Maizière klare Worte: Ein robuster Einsatz bedeute auch das Freikämpfen von Gebieten und Verluste, erklärt er sachlich.

Bei den Soldaten in Kabul kommt de Maizières unprätentiöses, offenes Auftreten gut an. "Ich mag seine Art: Ruhig, aber trotzdem zielstrebig", sagt einer. "Ich glaube, dass er gut sein wird für die Bundeswehr." Sein Alter und seine Erfahrung in der Detailarbeit würden dem neuen Minister bei der Mammut-Reform der Bundeswehr möglicherweise stärker zugutekommen als die Schneidigkeit, die bei Guttenberg ebenso bewundert wie kritisiert wurde. "Er ist einfach ein anderer Mensch", bilanziert ein Soldat in Kabul.

Quelle: ntv.de, rts

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