Politik

Tödlicher Anschlag in Afghanistan Bombe wurde ferngezündet

Überraschende Wende bei den Ermittlungen zum Anschlag von Talokan: Die deutschen und afghanischen Opfer wurden offenbar nicht von einem uniformierten Selbstmordattentäter in den Tod gerissen. Es handelte sich offenbar um eine ferngezündete Bombe. Die getöteten Soldaten sind mittlerweile identifiziert, ihnen wird in Hannover gedacht.

Der Anschlagsort in Talokan.

Der Anschlagsort in Talokan.

(Foto: dapd)

Der blutige Anschlag im nordafghanischen Talokan auf ein deutsch-afghanisches Sicherheitstreffen war offenbar doch kein Selbstmordattentat. Nach vorläufigen Erkenntnissen der internationalen Schutztruppe ISAF und des afghanischen Geheimdienstes NDS tötete ein ferngezündeter Sprengsatz zwei deutsche Soldaten und fünf Afghanen.

Bei dem Anschlag im Amtsgebäude des Gouverneurs der Provinz Tachar war mit dem deutschen Regionalkommandeur Markus Kneip erstmals auch ein ISAF-General verletzt worden. Unter den Toten waren auch zwei hochrangige afghanische Polizeichefs. Zunächst war vermutet worden, dass ein Selbstmordattentäter in Polizeiuniform der Täter war.

Trauerfeier in Hannover

General Kneip bei der Gedenkfeier für den auf einer Patrouille getöteten Soldaten, Stunden vor dem Anschlag in Talokan.

General Kneip bei der Gedenkfeier für den auf einer Patrouille getöteten Soldaten, Stunden vor dem Anschlag in Talokan.

(Foto: dpa)

Insgesamt wurden sechs Bundeswehrsoldaten verwundet, darunter eine Frau schwer. Ihr Zustand ist aber stabil. Die Bundeswehr wird am Freitag in Hannover mit einer zentralen Trauerfeier von den insgesamt drei Soldaten Abschied nehmen, die in der vergangenen Woche in Afghanistan getötet wurden. Bereits am Mittwoch war in Kundus ein 33-jähriger Hauptmann bei einem Sprengstoffanschlag auf eine Bundeswehrpatrouille getötet worden. Bei den beiden in Talokan ums Leben gekommenen Soldaten handelt es sich um einen 31-jährigen Hauptfeldwebel aus Niedersachsen und einen 43-jährigen Major aus Rheinland-Pfalz. Neben Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wird auch Kneip bei der Trauerfeier erwartet.

Die verletzten deutschen Soldaten sollen zur weiteren medizinischen Versorgung nach Deutschland gebracht werden. Kneip wird wahrscheinlich nach drei Wochen in den Einsatz zurückkehren. Bis dann wird der Kommandeur des Bundeswehrkontingents und der gesamten ISAF im Norden Afghanistans von Brigadegeneral Dirk Backen aus dem nordrhein-westfälischen Augustdorf vertreten.

De Maizière kündigte an, den Schutz der deutschen Soldaten zu verbessern und auf strengere Sicherheitsstandards bei den afghanischen Verbündeten zu dringen. "Aber einen vollständigen Schutz bei einem solch gefährlichen Einsatz, den kann es nicht geben", sagte er dem NDR. Der Anschlag in Talokan hatte die Diskussion über das Konzept des "Partnerings"- die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte in engster Zusammenarbeit und auch an der Front - wieder angeheizt.

Kneip nicht Ziel des Anschlags

Der afghanische Geheimdienst überraschte mit dem Ermittlungsergebnis, dass der Sprengsatz ein oder zwei Tage vor dem Anschlag in der Eingangshalle des Gebäudes versteckt und dann ferngezündet wurde. Der oder die Attentäter müssten Verbindungen in das Büro des Gouverneurs haben, erklärte NDS-Sprecher Lutfullah Maschal. Sprengstoffexperten seien zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen versteckten Sprengsatz und nicht um einen Selbstmordanschlag gehandelt habe. Zudem seien weder Leiche noch Körperteile eines Attentäters gefunden worden. Es habe erste Festnahmen gegeben.

Wenige Stunden später bestätigte auch die ISAF die Ermittlungsergebnisse der Afghanen. "Es hat sich allem Anschein nach nicht um einen Selbstmordattentäter gehandelt, sondern um einen ferngezündeten Sprengsatz in oder an einer Gebäudewand", teilte ein Sprecher mit.

Das Ergebnis der ISAF-Untersuchungen wird durch einen Bericht des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr an den Bundestag bestätigt, aus dem die "Financial Times Deutschland" zitierte. Darin ist auch von "nachrichtendienstlichen Hinweisen" die Rede, dass nicht Generalmajor Kneip, sondern der Polizeichef für Nordafghanistan, General Daud Daud, das "eigentliche Ziel" des Anschlags gewesen sei.

Quelle: ntv.de, dpa

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