Unter Ungleichen Soziale Herkunft entscheidet
18.12.2006, 12:25 UhrGäbe es beim internationalen PISA-Test klassische Zeugnisnoten, dann bekäme die Bundesrepublik für die Förderung von Schülern aus ärmeren Elternhäusern oder Migrantenkindern schlechte Noten. Denn wie in keinem anderen Industrieland der Welt ist der Bildungserfolg eines jungen Menschen so abhängig von seiner sozialen Herkunft wie in Deutschland. Die beiden internationalen PISA-Untersuchungen haben diesen Missstand auf breiter Datenbasis belegt und damit zahlreiche andere deutsche Studien seit Anfang der 70er Jahre bestätigt.
Laut PISA hat ein 15-jähriger Schüler aus einer Akademikerfamilie in Deutschland eine vier Mal so große Chance, das Gymnasium zu besuchen und damit das Abitur zu erlangen, wie ein Gleichaltriger aus einem Facharbeiterhaushalt und dies bei getesteter gleicher Lernkompetenz in Lesen/Textverständnis und Mathematik. In Bayern sind die Chancen eines Facharbeiterkindes für den Gymnasialbesuch gegenüber einem Akademikerkind sogar 6,7 Mal geringer.
Zwischen den beiden PISA-Untersuchungen 2000 und 2003 hat sich in Deutschland der Wissensabstand zwischen 15-Jährigen aus der obersten sozialen Schicht (Akademikerfamilien) gegenüber Gleichaltrigen aus der untersten Schicht (Ungelernte) sogar noch weiter vergrößert. In allen vier untersuchten PISA-Feldern (die mathematischen Kompetenzen Raum und Form sowie Veränderung und Beziehungen, Naturwissenschaften und Lesen/Textverständnis) beträgt der Kenntnisabstand von Jugendlichen aus der obersten sozialen Schicht gegenüber denjenigen aus der untersten jetzt mehr als 100 PISA-Punkte was nach Lesart der Forscher jeweils einem Lernabstand von mehr als zwei Schuljahren entspricht.
Auch der OECD-Bildungsbericht 2006 bestätigt anhand neuer Berechnungen die hohe Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft. Danach ist in Deutschland die "Wahrscheinlichkeit" des Schulversagens in der Basisqualifikation Mathematik für einen Jugendlichen aus der Unterschicht 4,6 Mal größer als für einen Gleichaltrigen aus der Oberschicht. Bei dieser Analyse haben unter 29 untersuchten OECD-Staaten nur Belgien, die Slowakei und Ungarn noch schlechtere Werte als Deutschland.
Quelle: ntv.de