Benedikt XVI. tritt zurück "Gut, dass dieser Papst weg ist"
11.02.2013, 23:43 Uhr
Der Papst aus Deutschland bescherte der "Bild"-Zeitung eine ihrer berühmtesten Schlagzeilen.
(Foto: dapd)
Benedikt XVI. legt sein Pontifikat nieder. Die Nachricht wird in Politik und Kirche mit Respekt und Bedauern aufgenommen. Angela Merkel würdigt den Papst als "einen der bedeutendsten religiösen Denker unserer Zeit. Die Zeitungen in Deutschland bewerten seine Amtszeit eher kritisch.
Die Leipziger Volkszeitung kommentiert: "Ohnehin als Übergangspapst gewählt, der nach dem charismatischen aber auch umtriebigen Karol Wojtyla die innerkirchliche Organisation wieder fest in die Hand nehmen sollte, ging Benedikt weder auf Kreuzzug noch auf Versöhnungstour. Auch auf dem Stuhl Petri blieb er das, was er immer war: Ein Mann des Bewahrens, einer der mehr versucht, die Hirne als die Herzen zu erreichen."
Der Berliner "Tagesspiegel" bewertet das politische Wirken Benedikts: "So gelang es dem Mann, der sich doch einen höchst politischen Namen als Papst gab - Benedikt als Friedensstifter und Europa-Förderer - dann nie, das Wesen der Politik zu fassen. Weltlicher Politik. Er geriet bei der Ablehnung der Homosexuellen-Ehe sogar in die Niederungen der italienischen Innenpolitik. Kirchenpolitik allerdings verstand dieser Papst sehr wohl, und nicht zuletzt, sie zu betreiben. (...) Lenkende Hand der Kirche bereits zu der Zeit, hart und durchsetzungsstark an den über Jahrtausende exerzierten Regeln festhaltend; konservativ und traditionell und leider abgewandt von dem, was ihn als jungen Konzilstheologen vielleicht einmal beseelt haben mag."
Die "Frankfurter Rundschau" bilanziert: "Er hinterlässt eine Kirche, die zutiefst verunsichert und geschwächt ist, die sich den Vorwurf machen lassen muss, in Fragen der Sexualmoral und der gesellschaftlichen Liberalisierung keinen Millimeter vorangekommen zu sein. Es ist bezeichnend, dass Benedikt stattdessen die Remissionierung der westlichen Länder ein zentrales Anliegen war. Für die Anliegen der Gläubigen in jenen Ländern, in denen die Kirche noch Kraft hat, in denen sie junge Leute anzusprechen vermag, hatte der deutsche Papst dagegen kaum ein Gespür."
Den globalen Geltungsanspruch der Kirche hat auch die "Berliner Zeitung" im Visier, die Ansprüche an einen Nachfolger formuliert: "Es wäre überfällig, dass ein Nichteuropäer zum Oberhaupt der Katholiken gewählt würde, einer, der die vielen Millionen Gläubigen in sogenannten Ländern der Dritten Welt repräsentiert. In diesem Sinne ist Benedikts Rücktritt eine Chance. Dass es zu einer Erneuerung kommt, ist jedoch unwahrscheinlich. Dafür hat Benedikt schon mit seiner Personalpolitik gesorgt. Das Kollegium der Kardinäle, das seinen Nachfolger wählt, ist derzeit sehr konservativ, europäisch und vor allem italienisch. Auch das ist sein Vermächtnis."
Der Donaukurier hebt die Beständigkeit des scheidenden Papstes hervor: "Trotz aller tatsächlichen und gefühlten Skandale, trotz Glaubenskrise einer weiterhin zunehmend säkularisierten Gesellschaft, trotz flatterhaftem Zeitgeist und Pannen im vatikanischen Kommunikationsbetrieb: Mit seinen häufig unbequemen Mahnungen, mit der Warnung vor der "Diktatur des Relativismus", mit seinem unbedingten Eintreten für das Leben gleich in welchem Entwicklungsstadium und seiner Dialogbereitschaft anderen Religionen gegenüber hat sich der scheidende Papst höchste Anerkennung auch in den Reihen Andersgläubiger erworben."
Die "tageszeitung" aus Berlin begrüßt den Rücktritt: "Gut, dass dieser Papst weg ist. Denn nichts ist gut. Nicht im Staate Vatikan und schon gar nicht im Rest der Weltkirche. Papst Benedikt XVI. ist es in seinem fast achtjährigen Pontifikat gelungen, die gegen den Katholen aus der deutschen Provinz gehegten Befürchtungen sogar zu übertreffen. An der Aufarbeitung der zahllosen sexuellen Gewaltverbrechen innerhalb seiner eigenen Institution zeigte der Stellvertreter Gottes so wenig Interesse wie an einer Auseinandersetzung mit der faschistoiden Organisation Opus Dei."
Die "Westdeutsche Zeitung" lobt den ungewöhnlichen Schritt der Amtsaufgabe: "Nach acht Jahren nun endet das Pontifikat des deutschen Papstes. Für seine historische Entscheidung hat Joseph Ratzinger Respekt und Anerkennung verdient. Anerkennung dafür, dass er die Bürde des Amtes im Alter von 77 Jahren klaglos auf sich nahm und seiner Kirche gehorsam diente. Respekt dafür, dass er wusste, wann es Zeit ist, die Macht abzugeben. Dazu sind nicht viele Mächtige fähig."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Isabell Noé