"Endgeil, volles Stadion, kleine Chance" Das Pokal-Achtelfinale im Blamage-Check
03.12.2013, 12:15 Uhr
Zum Haareraufen: Marco Reus ist einer von sieben verletzten BVB-Topspielern vor dem Dortmunder Pokalspiel bei Drittligist Saarbrücken.
(Foto: dpa)
Für einige Bundesligisten bietet der DFB-Pokal die letzte Chance, im kommenden Jahr international zu spielen. Für unterklassige Außenseiter ist es die einzigartige Möglichkeit, Fußballgeschichte zu schreiben. Doch wie stehen ihre Chancen im Achtelfinale?
Aus rein dramaturgischen Gesichtspunkten hat die Losfee im Pokal-Achtelfinale einen mäßig guten Job gemacht, zumindest wenn es um Pokalsensationen geht. Gleich dreimal gibt es reine Bundesliga-Duelle: Der FC Augsburg empfängt den FC Bayern, 1899 Hoffenheim gastiert beim FC Schalke und der SC Freiburg hat Bayer Leverkusen zu Gast. Dazu kommt das Zweitligaduell zwischen Union Berlin und dem 1. FC Kaiserslautern. Bleiben also nur vier Partien, in denen sich Pokalmärchen schreiben lassen. Das größte Wunder könnte in Saarbrücken geschehen - die größten Blamage-Aussichten gibt es in Frankfurt.

Kölns Stürmer Patrick Helmes hat mit dem FC in Hamburg das Pokal-Viertelfinale im Blick.
(Foto: imago sportfotodienst)
Hamburger SV –
1. FC Köln
Auch wenn der 1. FC Köln in den vergangenen Wochen ab und an seine Erstligareife vermissen ließ - der HSV dürfte gewarnt sein. Köln ist Tabellenführer der 2. Liga und damit ganz heißer Aufstiegskandidat und insbesondere in der Fremde zu Großem fähig. Für die beste Auswärtsmannschaft der Liga steht nur eine unglückliche Niederlage in Bochum zu Buche. An guten Tagen kann der FC vielen Bundesligisten durchaus Probleme bereiten, was die Kölner nicht zuletzt beim Pokalsieg in Mainz eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Und der HSV? Bei all der Euphorie um Neu-Coach Bert van Marwijk verliert man allzu leicht die Fakten aus dem Blick. Mit gerade einmal zwei Siegen vor heimischer Kulisse trennt die Hamburger in der Heimtabelle nicht allzu viel von den Abstiegsrängen. Und 13 Gegentore in sechs Partien daheim sprechen eine deutliche Sprache. Mit Rafael van der Vaart fehlt den Hamburgern zudem der Kopf der Mannschaft. Da dürfte es kaum verwundern, wenn die hochdekorierte FC-Offensive um Patrick Helmes dem Erstligisten das Fürchten lehrt.
Chancen auf einen Coup: Besser als vom HSV erhofft. 1. FC Saarbrücken –
Borussia Dortmund
Nach dem Sieg in Mainz flüchtete sich BVB-Coach Jürgen Klopp in Galgenhumor:"Ich weiß aktuell nicht, wen ich gegen Saarbrücken aufstellen soll. Wir sind offenbar nett genug, uns auf ein Niveau herunterzuverletzen, dass dann doch noch ein spannender Wettkampf dabei herauskommt." Die BVB-Verletztenliste ist länger als der vorweihnachtliche Einkaufszettel einer Großfamilie. Mit Ilkay Gündogan, Neven Subotic, Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Marco Reus, Sven Bender und Nuri Sahin fallen gleich sieben Topspieler des BVB im Pokal aus. Robert Lewandowski, Jakub Blaszczykowski und Erik Durm sind angeschlagen. Für Dortmund ein Albtraum, für Saarbrücken eine einmalige Chance. Und wenn man schon mal die Gelegenheit bekommt, in der fußballerischen Einöde eine internationale Topmannschaft begrüßen zu dürfen, dann dürfte es die Stimmung und Hoffnung heben, dass der Erstligist auf dem Zahnfleisch ins Saarland reist. Das weiß auch Klopp: "Nach der Auslosung vor zwei Monaten haben sie sicher gedacht: Geil, volles Stadion, keine Chance", sagte der BVB-Coach: "Jetzt denken sie sicher: Endgeil, volles Stadion, kleine Chance."
Allerdings - so viel Wahrheit muss sein – steckt der Drittligist mitten im Abstiegskampf. Sportlich ist der Traditionsverein nicht mal mit der BVB-Reserve auf Augenhöhe. Dennoch weiß Klopp: "Mit jeder neuen Nachricht, dass sich bei uns wieder einer verletzt hat, wächst bei unserem Gegner das Selbstvertrauen." Deshalb hat der BVB-Coach nichts dem Zufall überlassen. Er hat sich Saarbrücken selbst live angesehen, Videos analysiert und seine Rumpftruppe extra "mit dem Ball trainieren (lassen), der am Dienstag zum Einsatz kommt". Das BVB-Ziel bleibt klar: "Wir wollen ins Endspiel!"
Chancen auf ein Pokalwunder: Eher trüb.
VfL Wolfsburg –
FC Ingolstadt
Hält man sich an die Fakten, kann sich der Zweitligist die Fahrt von Oberbayern in die niedersächsische Tiefebene fast schenken. Ingolstadt, Abstiegskandidat in der 2. Liga, kann weder sportlich noch spielerisch mit Schwergewichten aufwarten. Der Gesamtwert des 28-köpfigen Kaders beläuft sich auf 14 Millionen Euro. Zum Vergleich: Ein Spieler des VfL Wolfsburg hat einen Marktwert von knapp 5 Millionen Euro – im Durchschnitt. Ein kurzer Blick auf die Statistik genügt, und die Kräfteverhältnisse scheinen klar. Was hilft dem FCI unter diesen Vorzeichen außer beten? Aus Sicht des Underdogs helfen zwei Dinge: Die Hoffnung, dass beim VfL der Schlendrian Einzug hält, was bei einem Blick aufs Personal der "Wölfe" nicht aus der Luft gegriffen scheint. Und der Glaube an die eigene Auswärtsstärke. Denn mit Siegen in Köln und in Fürth hat man unlängst bewiesen, dass man in der Fremde zu großen Überraschungen fähig ist.
Überraschungspotential: Vorhanden.
Eintracht Frankfurt –
SV Sandhausen
So langsam aber sicher steigt der Druck bei der Eintracht: Seit dem 14. September warten die Frankfurter in der Liga auf einen Sieg. Zuletzt setzte es eine Niederlage bei den bis dahin ebenfalls kriselnden Hannoveranern. Da kommt der Elf von Trainer Armin Veh eine Abwechslung im Pokal gerade recht. Oder? Für einen möglichen Befreiungsschlag wird selbst ein Sieg gegen den Underdog nicht herhalten können. Ein Erstligist hat in diesem Duell wenig zu gewinnen, aber viel zu verlieren. Besonders wenn der Gegner Sandhausen heißt und wahrlich alles ist, aber keine Laufkundschaft für verunsicherte Frankfurter.
Der Fast-Absteiger der vergangenen Saison hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten stabilisiert und verließ zuletzt zweimal hintereinander als Sieger den Platz. Zwar fehlen den Sandhäusern - wen wundert’s - die großen Namen, doch Probleme kann die Elf von Alois Schwartz dem Erstligisten allemal bereiten. Und die Eintracht? Kein Bundesliga-Heimsieg in der Saison 2013/2014.
Zwietracht-Faktor für Frankfurt: Sehr groß.
Quelle: ntv.de, cwo/sport.de