Wirtschaft

Der mobile Strom-Parkplatz Autos als Zwischenspeicher

Entscheidend bei der Energie aus Autos ist die schnelle Verfügbarkeit.

Entscheidend bei der Energie aus Autos ist die schnelle Verfügbarkeit.

(Foto: AP)

Oft ist das Stromangebot weit größer als die Nachfrage. Doch wohin mit dem Strom? Da kommt das Elektroauto ins Spiel - als zukünftiger rollender Stromspeicher.

"Ohne Elektroautos als rollende Stromspeicher segeln wir an den Klimaschutzzielen vorbei." Diese mahnenden Worte sprach der Chef des Oldenburger Energiekonzerns EWE, Werner Brinker, zum Auftakt des Elektromobilitätsgipfels bei der Kanzlerin. Zwar gibt es schon einige Projekte in Europa, in denen Autofahrer in ihren Elektrowagen Strom zwischenparken. Doch die Testläufe "Vehicle to Grid" (V2G) - zu deutsch "Fahrzeug zum Netz" - stecken noch in den Kinderschuhen.

Ausgangspunkt für die Überlegungen, das Elektroauto einmal als Strom-Parkplatz zu nutzen, ist folgendes: Manchmal wird mehr Strom produziert, als die Leitungsnetze aufnehmen können - andererseits müssen zu Spitzenzeiten oft reihenweise Kraftwerke angeworfen werden, um den Verbrauch zu decken.

Zwischenspeicher gebraucht

"Nicht zuletzt durch die verstärkte Nutzung der Windenergie kommt es vor, dass bei hohem Windaufkommen zum Beispiel an Wochenenden oder Feiertagen das Stromangebot weit größer ist als die aktuelle Nachfrage", erläutert Katrin Berken von der Leipziger Energiebörse EEX.

Die Batterietechnik muss noch verbessert werden: Die Akkus gelten als Achillesferse von Elektroautos.

Die Batterietechnik muss noch verbessert werden: Die Akkus gelten als Achillesferse von Elektroautos.

(Foto: dpa)

Der Energieriese RWE kennt das Problem - und rechnet damit, dass es sich mit dem erwarteten Ausbau der Windkraft noch vergrößert. "Wir brauchen Zwischenspeicher", sagt deshalb Konzernsprecher Harald Fletcher. Zwar gibt es bereits sogenannte Pumpspeicherkraftwerke. Dort wird bei viel verfügbarem Strom Wasser aufwärts gepumpt, das später bei Bedarf eine Turbine antreibt. Doch die Werke sind aufwändig und brauchen bergiges Terrain.

Batterietechnik als Herausforderung

Daher sei das Modell V2G eine interessante Option, meint Fletcher. Elektroautos oder auch Hybridwagen könnten als mobile Speicher dienen. Nachts würden ihre Batterien in der Garage dann aufgetankt, tagsüber würden sie etwa am Arbeitsplatz bei Spitzenverbrauch Strom wieder zurück ins Netz speisen. Dazu bedürfe es "intelligenter Autos" und "intelligenter Ladepunkte", die die Stromflüsse zu den optimalen Zeiten regeln.

In Deutschland ist V2G in der Erkundungsphase. Eine Herausforderung liegt in der Batterietechnik: Die Akkus gelten als Achillesferse von Elektroautos, weil sie die Reichweiten bisher stark begrenzen. Für V2G kommt hinzu, dass die Lebenszeit des Energiespeichers noch stark von der Zahl der Be- und Entladungen abhängt. Der europäische Verband "Verkehr & Umwelt" urteilt deshalb in einem Bericht vom November 2009: "Es gibt eine Menge Skepsis, ob Batterien diese Speicherfunktion in einer nützlichen Weise erfüllen könnten."

Psychologische Komponente wichtig

Jochen Linssen vom Forschungszentrum Jülich hält auch die psychologische Komponente bei den Nutzern für wichtig. "Sie müssen als Autofahrer bereit sein, ihre gewohnte Fahrzeugnutzung ein Stück weit zu ändern", zum Beispiel Einbußen bei der Reichweite in Kauf zu nehmen, weil die Batterie kurz vor Fahrtbeginn Strom ins Netz befördern musste. Linssen koordiniert ein vom Bundeswirtschaftsministerium gefördertes Projekt zu V2G. Dabei wird unter anderem untersucht, wie viele Elektroautos in Deutschland am Netz sein müssten, damit ein solches System verlässlich funktionieren kann.

Entscheidend bei der Energie aus den Autos sei ihre schnelle Verfügbarkeit, erläutert Linssen. So könnten sie zum Beispiel die Leistung von Gasturbinen ergänzen, die wie Pumpspeicherkraftwerke Spitzen im Stromverbrauch abdecken. Ein anhaltender Energiemangel wäre für sie aber kein Einsatzfeld: "Es wird nicht so sein, dass man über mehrere Tage eine Windflaute überbrücken kann", sagt Linssen. Dafür speicherten die Autos zu wenig Energie.

Abgesehen von der notwendigen Technik ist es auch eine Frage des Preises, ob den Verbrauchern schmackhaft gemacht werden kann, in ihrem Wagen Strom zu parken. "Dazu gehören auch Tarife, die interessant für die Autofahrer sind", sagt RWE-Sprecher Fletcher.

Quelle: ntv.de, Phillipp Saure, AFP

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