Markt schrumpft Brauerei-Aussichten trüb
22.04.2011, 16:50 UhrBrauerei-Rundgänge, Live-Musik, Festtagsbiere: Viele Brauer feiern an diesem Samstag den "Tag des Deutschen Bieres". Bestes Wetter sorgt derzeit für gute Stimmung. Der Biermarkt wird aber weiter schrumpfen.
Für die deutschen Brauer könnte es im Moment eigentlich kaum besser laufen. Ideales Grill- und Biergartenwetter fällt mit dem ohnehin umsatzstarken Osterfest zusammen. Die Nachfrage steigt kräftig, manche Brauereien wie Veltins verzeichneten in den zurückliegenden Tagen zweistellige Absatzzuwächse. Gute Stimmung ist bei solchen Zahlen zum "Tag des Deutschen Bieres" am 23. April vorprogrammiert. Mittel- und langfristig muss die Branche aber mit einem weiter schrumpfenden deutschen Biermarkt rechnen. Die Biertrinker können sich über einen Preiskampf im Einzelhandel freuen.
"Das Superwetter belegt einmal mehr, dass der Sonnengott unser bester Verkäufer ist", schildert Peter Hahn, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes. Der Start ins Jahr 2011 sei für die Branche zwar recht ordentlich gewesen. Angesichts der sinkenden Einwohnerzahl in Deutschland geht er aber nicht von Wachstum für das Gesamtjahr aus. Wahrscheinlich sei ein erneuter leichter Marktrückgang von 1 bis 1,5 Prozent. Das würde dem langjährigen Trend entsprechen. "Da kann man ein Lineal anlegen." Sollte das Wetter besonders gut mitspielen, könnte 2011 vielleicht auch das Vorjahresniveau erreicht werden.
Konzentrationsprozess
"Es wird immer weniger Bier gebraucht", stellt nüchtern Rudolf Böhlke fest, Biermarktexperte der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Die Bevölkerung schrumpfe nicht nur, zudem steige das Durchschnittsalter. "Je älter wir werden, umso weniger trinken wir." Gewinner im rückläufigen Biermarkt dürften große Braukonzerne sein, die Werbung, Innovationen und Übernahmen stemmen könnten. Auch ganz kleine Brauereien mit einer treuen Stammkundschaft um den Schornstein herum, würden gewinnen. Viele Brauunternehmen im Mittelfeld litten dagegen. Dabei spielten auch steigende Logistikkosten eine Rolle.
Zwei Drittel der 1325 Braustätten in Deutschland stellt weniger als 5000 Hektoliter Bier pro Jahr her. Ein Drittel liegt nach Daten des Verbandes über dieser Schwelle. Darunter sind nur wenige ganz Große mit einer Jahresproduktion von über einer Million Hektoliter. "Größe allein hat den Dinosauriern das Leben nicht gerettet. Die Losung in dem Spiel lautet nicht groß gegen klein, sondern schnell gegen langsam", meint Hahn. Alkoholfreies Bier sei eine Möglichkeit, zu wachsen. Eine andere Möglichkeit seien Biermischgetränke, die zusammengenommen die Größenordnung von Weizenbier erreicht hätten.
Radeberger rechnet mit Übernahmen
Sind Übernahmen in der Braubranche wahrscheinlich? "Sie sind eigentlich sogar überfällig", meint der Chef des Marktführers Radeberger Gruppe , Albert Christmann. Die Luft im Biermarkt werde durch einen scharfen Wettbewerb und Kostensteigerungen auf der einen Seite sowie systematischen Preisverfall auf der anderen Seite immer dünner. "Da hängen einige Akteure bereits am seidenen Faden", schildert der Manager.
Erstmals seit Jahren macht ein Gerücht über eine große Übernahme die Runde. Angeblich will die Radeberger Gruppe, die über 40 Marken (Radeberger, Jever, Schöfferhofer) besitzt, das deutsche Geschäft des dänischen Carlsberg-Konzerns (Holsten, Lübzer) schlucken. Man suche nach einem Partner, um die eigenen Biermarken verstärkt im Süden und Westen Deutschlands anbieten zu können, hieß es bei der deutschen Carlsberg-Tochter dazu Anfang des Monats. Es sei aber nicht geplant, das Geschäft zu verkaufen und sich aus dem Markt zurückzuziehen. Christmann will Marktgerüchte grundsätzlich nicht kommentieren.
Unterdessen geht der Preiskampf der Handelsriesen mit Bier weiter. "Viele der namhaften Markenbiere unterliegen ständiger Promotion mit Niedrigpreisen", klagt Günther Guder, Chef des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels. Mehr als jede zweite Flasche Premiumbier werde im Sonderangebot verkauft, meist für knapp unter 10 Euro je 20er-Halbliterflaschen-Kasten. Das Deutsche Reinheitsgebot, dessen Geburtstag am Samstag gefeiert wird, hat nach Ansicht von Böhlke auch eine Kehrseite: "Es gibt keine schlechte Qualität." Aus der "gelblich schäumenden Masse" steche oft nur der Preis hervor.
Quelle: ntv.de, dpa