Verdacht auf Zinskartell EU-Razzia bei Großbanken
19.10.2011, 12:25 Uhr
Im Dunkeln ist gut Munkeln? Am Euribor orientieren sich Euro-Anleihen und andere Kreditinstrumente; insgesamt handelt es sich um einen Billionen-Markt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die EU-Kommission bestätigt, dass mehrere auf dem Derivate-Markt tätige Finanzunternehmen durchsucht worden sind. Es bestehe der Verdacht, dass es im Zusammenhang mit dem Euribor-Zins zu einem Marktkartell gekommen sei. Namen der betroffenen Unternehmen oder Länder nannte die EU-Behörde nicht.
Die EU-Kommission wirft mehreren europäischen Großbanken unlautere Geschäftspraktiken vor. Bei einer Razzia durchsuchten Ermittler die Büros von Geldhäusern in mehreren Staaten, teilte die EU-Behörde in Brüssel mit. Gegen die Institute bestehe der Verdacht, Zinssätze manipuliert zu haben. Möglicherweise hätten sie versucht, den Euribor-Zinssatz zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Die Namen der betroffenen Banken oder Länder nannte die EU-Kommission nicht. Falls sich herausstellt, dass die Unternehmen schuldig sind, kann die EU-Behörde hohe Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens verhängen.
Der Euribor (Euro Interbank Offered Rate) ist der Zinssatz, den europäische Banken untereinander beim Handel von Einlagen verlangen. Er ist einer der wichtigsten Referenzzinssätze für Kredite und Anlageprodukte. Mit den Durchsuchungen wollte sich die Kommission ein Bild über die Funktionsweise des Euribor und der möglichen Manipulationen machen, hieß es.
Preisabsprachen zum Schaden von Konkurrenten oder Verbrauchern sind in der EU verboten. Allerdings betonte die Kommission, dass bisher nur ein Anfangsverdacht vorliege und Durchsuchungen noch kein Beleg für die Schuld der Firmen seien. "Die Kommission hat den Verdacht, dass die Unternehmen EU-Recht verletzt haben, das Kartelle und unlautere Geschäftspraktiken verbietet", schrieben die Kartellwächter. Die Durchsuchungen hätten bereits am Dienstag stattgefunden.
Bankenverband unterstützt Ermittlungen
Die europäische Bankenbranche sagte derweil der EU-Kommission ihre Zusammenarbeit bei den Ermittlungen zu Zinsmanipulationen zu. Die Bankenorganisation Euribor-EBF teilte mit, sie sei bereit, den Ermittlern die gewünschten Daten zur Verfügung zu stellen. Die Organisation äußerte sich zuversichtlich, dass es bei der Bildung des Euribor-Zinses keine Unregelmäßigkeiten gegeben habe.
Allein die große Anzahl der beteiligten Banken mache Manipulationen des Zinssatzes unmöglich. Euribor-EBF ist einer Unterorganisation des Europäischen Bankenverbands und errechnet auf Basis der Informationen von 44 europäischen Banken den Euribor-Zinssatz.
Quelle: ntv.de, dpa/rts