Wirtschaft

Athen vor neuer Protestewelle Griechenlands Jobkiller-Pläne

Neue Sparmaßnahmen, neue Proteste? Athen könnten heiße Tage bevorstehen.

Neue Sparmaßnahmen, neue Proteste? Athen könnten heiße Tage bevorstehen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Griechenland schickt zehntausende Staatsbedienstete nach Hause. Diese Kürzung ist Teil der neuen Sparmaßnahmen, mit deren Hilfe das schuldengeplagte Land weitere Milliardenhilfen von EU, EZB und IWF erhalten will. Die angekündigten Einsparungen stoßen bei der Bevölkerung auf Unmut: Mehrere Gewerkschaften kündigen bereits heftige Arbeitskämpfe an.

Sparen als oberste Devise: Auf die unter der Schuldenkrise ächzenden Griechen kommen immer härtere Zeiten zu. Um die dringend benötigte Zahlung einer Hilfstranche des internationalen Rettungspakets von acht Milliarden Euro sicherzustellen, beschloss die Regierung in Athen weitere drastische Kürzungen für Rentner und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. So sollen Renten über 1200 Euro um 20 Prozent gekappt werden. Die Gewerkschaften riefen schon vor Bekanntgabe der Beschlüsse der sozialistischen Regierung für kommenden Monat zu zwei je 24-stündigen Generalstreiks auf. Der Euro legte an den Devisenmärkten leicht zu.

Die am Abend bekanntgegebenen Beschlüsse sehen drastische Einsparungen im Staatsdienst vor. So werden 30.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in "Reserve" geschickt. Damit werden ihnen nur noch 60 Prozent ihres Gehalts ausgezahlt. Sie haben ein Jahr Zeit, sich im öffentlichen Sektor eine neue Stelle zu suchen - ansonsten verlieren sie ihren Arbeitsplatz. Griechen, die vor dem 55. Lebensjahr in Rente gehen, müssen mit weiteren Abschlägen rechnen. Die neu eingeführte Immobiliensteuer wird bis mindestens 2014 beibehalten. Der steuerfreie Teil des Einkommens soll weiter auf 5000 von 8000 Euro im Jahr sinken.

Weitere Hilfen winken

Regierungssprecher Ilias Mossialos sagte, Griechenland wolle in der Eurozone bleiben. Sein Land verhandelt derzeit mit der aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds bestehenden Troika über den Stand der Sparbemühungen. Die Gespräche würden nach Rückkehr von Vertretern der drei Institutionen Anfang der Woche beendet, sagte Mossialos. Die vom Kabinett gefassten Beschlüsse erfüllten die Vereinbarungen mit der Troika. Der Euro legte an der Wall Street auf einen Tageshöchststand von 1,37770 Dollar zu und pendelte sich später bei 1,37690 Dollar ein.

"Wir brauchen weitere Maßnahmen", erklärte Finanzminister Evangelos Venizelos vor der Kabinettssitzung. "Wir werden tun, was auch immer nötig sein wird. Wir werden das Schicksal des Landes nicht gefährden."

Derzeit stehen die Zeichen für eine Überweisung des Geldes gut: Die Troika sprach von "guten Fortschritten" bei den Gesprächen mit der griechischen Regierung. Die Vertreter von EU, IWF und EZB hatten den Mittelmeerstaat wegen Unstimmigkeiten über weitere Sparschritte Anfang September überraschend verlassen.

Gewerkschaft: Regierung muss weg

Die beiden größten griechischen Gewerkschaften riefen für den 5. und 19. Oktober zu jeweils ganztägigen Streiks auf. Der Kampf werde bis zum Ende geführt, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes. "Die Troika und die Regierung müssen weg."

Das griechische Parlament stimmte derweil der Erweiterung der Kompetenzen des europäischen Rettungsschirms EFSF generell zu. In den nächsten Tagen soll noch über die Artikel des Plans im Einzelnen abgestimmt werden, damit das Gesetz in Kraft treten kann. Die neuen Ermächtigungen des EFSF müssen von allen 17 Euro-Ländern gebilligt werden.

Venizelos greift Finanzmärkte an

Venizelos räumte ein, dass die Finanzen des Landes ohne die Kontrolle der Troika bereits entgleist wären. Gleichzeitig übte er jedoch auch Kritik: Die EU habe nicht früh und nicht entschlossen genug auf die Krise geantwortet. Sein Land werde von den Finanzmärkten erpresst, klagte Venizelos.

Trotz der griechischen Sparanstrengungen gilt an den Finanzmärkten eine Zahlungsunfähigkeit des Landes als ausgemachte Sache. Dort geht derzeit vor allem die Furcht um, dass eine Pleite die größeren Euro-Länder Spanien und Italien weiter in den Sog der Schuldenkrise reißen könnte.

EU-"Hilfe" für Griechenland

Indes kündigte die EU-Kommission an, Griechenland jetzt beim Ausgeben von bisher ungenutzten EU-Geldern in Höhe von 15 Mrd. Euro zu helfen. Dies teilte der für Regionalpolitik zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn nach Gesprächen mit griechischen Ministern und Gouverneuren der Regionen mit. Die Kommission will erreichen, dass die notleidende Wirtschaft Griechenlands von jenen 15 Mrd. Euro profitieren kann, die bis Ende 2013 noch im EU-Haushalt eingeplant sind.

Beide Seiten verständigten sich auf eine Liste von rund 100 Projekten, die noch vor Ende dieses Jahres in Angriff genommen werden sollten. Zudem versprachen die Griechen, innerhalb von zehn Tagen eine Liste mit weiteren großen Projekten vorzulegen, die bis Ende 2013 noch begonnen oder gar abgeschlossen werden sollten. Dabei handelt es sich um Infrastrukturvorhaben in den Bereichen Verkehr, Energie, Umwelt, Kultur, Tourismus und Klein- und Mittelbetriebe.

Merkel trifft Papandreou

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft am 27. September den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in Berlin. Dabei soll es um die dramatische Finanzlage Athens und die Reformpläne der griechischen Regierung gehen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: "Die großen Themen liegen auf der Hand." Der Bundestag soll im Herbst über das zweite Griechenland-Paket abstimmen.

Quelle: ntv.de, bad/rts/dpa

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